Wer ist die Frau "eigentlich"?

Die Fotos von Cindy Sherman ermöglichen einen spannenden Blick auf weibliche Identität. Sherman fotografiert immer sich selbst, in verschiedenen Maskeraden: Als scheues Mädchen, als arrogante Millionärin, als Queen, als Vamp – eine unendliche Vielzahl weiblicher Identitäten. Man kann das witzig, ästhetisch, kreativ finden - und dabei den Beobachter beim Beobachten beobachten.


Ich (Beobachter) hatte bei der Ausstellung im MoMA in New York, die ich mir letzte Woche ansah, eine reizvolle Veränderung meines Blicks erlebt. Die ersten 20, 30 Bilder betrachtete ich noch konventionell, eine Frau, die sich in verschiedenen Verkleidungen und Masken zeigt. Leitunterscheidung: Echte Frau – unechte Verkleidung. Nach einer halben Stunden Bildertrance kippt das Figur-Grund-Verhältnis. Die „echte“ Verkleidung schiebt sich in den Vordergrund, die Person tritt zurück, wird farblos. Der Körper, das Gesicht dienen der eigenen Staffage nur als Träger. Die Maskerade wird nicht nur aufgesetzt, sie erzeugt Identität.


Postmoderne Frage: Wieso halten wir das Gesicht für mehr „eigentlich“ als die Schminke, die Kleider, die Pose? Nach einer Sherman-Ausstellung kann man ins Zweifeln kommen.