Sexuelle Denunziation

Denunziation soll sich lohnen. In einer ganzseitigen Anzeige der „Washington Post“ wird eine Belohnung von bis zu einer Million Dollar für Hinweise auf „Seitensprünge, Sexvergehen und Korruptionsaffären“ von ranghohen Politikern versprochen. Anbieter ist der Gründer des Herrenmagazins „Hustler“, Larry Flynt. Ausgerechnet! Aber das Kalkül wird aufgehen, die Million ist gut investiert: Die Saubermenschen dieser Welt wollen doch zu gern wissen, welche hohen Tiere von welchen niederen Beweggründen getrieben werden.


So sichtbar eng ist das Bündnis von moralisierender Selbstgerechtigkeit und voyeuristischer Geilheit.  Nach Clinton, Spitzer, Schwarzenegger, Wiener kann der US-amerikanische  Mainstream darauf warten, wieder einen Sünder öffentlich bloßzustellen, zur Buße zu zwingen oder moralisch hinzurichten. Und wenn der Sünder eine ranghohe Figur ist, verschafft diese Empörungslust noch mehr Befriedigung.


Auch wenn Larry Flynt für US-Verhältnisse gar kein Konservativer ist, nutzt er klug die konservativer Sexualmoral der Mehrheit. Sie ist die Geschäftsgrundlage der Kollaboration  von heimlichen Whistleblowers und öffentlichen Denunzianten.


Ein schöner Anlaß, die nordamerikanische und europäische Wertewelt zu vergleichen.  Geldmoral und Sexmoral werden genau gegenteilig bewertet. Mitt Romney schadet es nicht, wenn er seine Millioneneinkünfte mit läppischen 15% versteuert, Christian Wulff stolpert über finanzielle Peanuts. Horst Seehofers außereheliches Kind kostet ihn politisch nichts, in den USA hätte er das nicht überlebt.


Irgendwie lobe ich mir die alteuropäischen Werte von Diskretion und Stil...