Sexuell geben und sexuell nachgeben

Dem Partner zuliebe sich auf eine sexuelle Aktivität einlassen, die man eigentlich nicht will, ist eine zwiespältige Angelegenheit. In der Vorgeschichte „lustloser“  Frauen kommen solche Kompromisse fast immer vor. Dem Differenzierungs-Ansatz (David Schnarch) zufolge kann das entwicklungshemmend sein und eine selbstbestimmte Sexualität beeinträchtigen.


Eine aktuelle Studie gibt dem einen etwas anderen Dreh. Die US-Amerikanerinnen Tricia Burke und Valerie Young haben 96 Paare befragt. Ergebnis: die partnerschaftliche Zufriedenheit war höher, wenn solches sexuelles Entgegenkommen häufig vorkam und wenn es der Partner positiv bewertet.


Man könnte denken, daß das, was Schnarch partnervalidierte Sexualität nennt (bei der es wichtiger ist, daß es dem Partner gefällt als einem selbst) und geringer bewertet, doch der bessere Weg zur Zufriedenheit ist. Ganz nebenbei liest man in der Studie aber, daß das ganze von der Frageformulierung abhängig ist. Wenn nicht positiv nach Entgegenkommen, sondern negativ nach sexual compliance gefragt wird („Wie oft haben Sie etwas mitgemacht, das Sie nicht wollten?“), dreht sich das Verhältnis um.  Wer sich  compliant (hier gemeint: nachgiebiger) verhält, ist unzufriedener.


Feiner Unterschied, der theoretisch klar ist, aber in vielen Sexualtherapien konflikthaft ausgetragen wird: dem Partner ein Vergnügen spendieren, befriedigt beide. Ihm nachgeben, macht schlechte Laune.


Man hätte es sich fast denken können: Geben macht zufrieden, nachgeben unzufrieden. Auch beim Sex.


Quelle: Journal of Sex Research 49, 2012, 454-463