Der Schuft

 Auf eine interessante männliche Gegenfigur zum Womanizer (siehe den Blog vom 9. Mai 2012) hat mich Angelika Beck (sie unterrichtet an einer hessischen Gesamtschule) hingewiesen: den Schuft. Mit 16-20Jährigen hat sie sich im Deutsch-Unterricht mit dem Schuft beschäftigt. Der ist keine bedeutungslose Figur, wenn man sich etwa den Graf F...aus der Marquise von O von H. v. Kleist (der Marquise gegenüber) als Beispiel vor Augen führt.


Hier ihre Zusammenfassung: „Der Schuft winkt mit einem Versprechen: Reduktion von Komplexität, Aufhebung der doppelten Kontingenz und der damit verbundenen Verhaltensunsicherheit. Der Schuft hält, was er verspricht. Aber was verspricht der Schuft? Der Schuft ist einer, der Sachen tut, die andere nicht tun, der Tabus bricht und der gefährliche Dinge wagt und die Frau in Kontakt mit ihrem sexuellen Begehren bringt. Der Schuft löst das Problem der Kontingenz, indem er handelt. Dies stellt er durch sein Schuftsein unter Beweis. Anders gesagt verspricht der Schuft Führung und verlockt er mit Entscheidungsstärke. Er weiß offenbar, was er will – und unterscheidet sich damit maßgeblich vom Nichtschuft. Der Nichtschuft liegt im Bett und wartet auf die Hure, die seine Partnerin nicht ist. Der Schuft macht seine Partnerin zur Hure – augenblicklich. Er ist die Vorlage, die Idee zu einer wundervollen Fantasie, die viele, viele Frauen teilen: Das (männliche) Begehren spüren, davon weiche Knie bekommen und alles über den Haufen werfen, was als bedeutsam galt und er einfach aus dem Weg räumt - um der Lust willen. Das ist sein Metier, das kann er.“


Der Womanizer bringt die Frau zum Strahlen und verführt sie, so zu bleiben, wie sie schon ist. Der Schuft verschafft ihr die Erfahrungsbasis für den gereiften skeptischen Blick auf die Männer, die nach ihm kommen. Zwei Varianten der Frauenförderung, könnte man sagen.