Wie Menschen ihre eigenen Pathologien konstruieren
Spiegel Online berichtet über einen skurrilen Polizeieinsatz vom Wochenende in Chur, im Schweizer Kanton Graubünden: Dort hatte eine Frau die Notrufnummer angerufen, weil in ihrem Schlafzimmer eine Spinne saß. Sie konnte wegen einer Spinnenphobie den Raum nicht betreten und bat um Hilfe. Die ausgerückte Patrouille entliess die Spinne in die Freiheit, die Bewohnerin konnte beruhigt schlafen gehen. Phobien sind unverhältnismäßig starke Angstreaktionen auf scheinbar nichtige Anlässe. Die Störungen können für die Betroffenen äußerst belastend sein. Sie sind auch Thema in Giorgio Nardones „Pirouetten im Supermarkt – Strategische Interventionen für Therapie und Selbsthilfe“.

Im Vorwort erfahren die Leser dazu folgende Geschichte: 
„Vor einigen Jahren lebte in den USA ein Mann, der eine fast unbezähmbare Angst vor dem Fliegen hatte, weil er glaubte, dass eine Bombe an Bord seines Flugzeugs sein könnte. Dieser Mann liebte die europäischen Kunstmetropolen, aber seine unüberwindbare Angst hielt ihn davon ab, diese Städte zu besuchen. Nachdem er lange über die Sache nachgedacht hatte, beschloss er zu eruieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit wäre, dass sich ausgerechnet an Bord seines Flugzeugs eine Bombe befände (er war übrigens auch ein Statistikfan). Er rief mehrere Reisebüros an und hoffte, dass man ihm helfen würde: „Guten Tag. Können Sie mir sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich eine Bombe an Bord eines Flugzeugs befindet, das von New York nach Paris fliegt?“

Natürlich bekam der Mann von den meisten Reisebüros die deutliche Antwort, dass man keine Zeit habe, sich mit einer solch absurden Frage abzugeben. Doch der Mann machte beharrlich weiter, bis er eines Tages zufällig an einen Mitarbeiter eines Reisebüros geriet, der sich ebenfalls für Statistiken begeisterte und auf die Frage unseres Mannes prompt zur Antwort gab: „Eins zu hunderttausend.“ Der Anrufer dachte über diese Auskunft eine Weile nach und fragte dann: „Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei Bomben an Bord des Flugzeugs befinden?“ „Also ... da muss ich erst mal ein paar Exponentialgleichungen lösen. Rufen Sie mich in einer halben Stunde wieder an, und dann sage ich Ihnen die Antwort.“

Als der Mann exakt 30 Minuten später wieder im Reisebüro anrief, teilte der Mitarbeiter ihm Folgendes mit: „Es ist so, meiner Berechnung nach ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei Bomben an Bord des Flugzeugs befinden, eins zu hundert Millionen.“ „Gut“, sagte der Mann, „in diesem Fall möchte ich für nächste Woche einen Flug von New York nach Paris buchen.“

Wenn Sie mehr erfahren wollen, hier geht es zur Leseprobe, besser noch, Sie lesen gleich das ganze Buch!

Carl-Auer-Literaturtipp:
Giorgio Nardone: „Pirouetten im Supermarkt – Strategische Interventionen für Therapie und Selbsthilfe“