Verhaltenstherapie oder Neurofeedbacktraining?
Wie wirksam sind gängige Therapieformen gegenüber dem aufwendigen Neurofeedbacktraining bei erwachsenen Patienten mit ADHS? Das hat die Uni Tübingen in einer aktuellen Studie getestet. Die Psychologen verglichen ein Neurofeedbacktraining, ein Placebotraining (die Teilnehmer bekamen nicht die eigenen Hirnströme rückgemeldet) und ein verhaltenstherapeutisches Gruppenprogramm, bei dem unter anderem spezifische Strategien zur Handlungsplanung, ein verbessertes Zeitmanagement und Stressbewältigungstechniken eingeübt wurden. Hier die Pressemitteilung der Uni zur Studie.

118 Probanden erhielten 15 Wochen lang entweder insgesamt 30 Sitzungen Neurofeedback oder 15 Sitzungen Placebotraining und im Anschluss daran 15 Sitzungen Neurofeedback. 
Eine weitere Vergleichsgruppe erhielt über 12 Wochen insgesamt 12 Sitzungen verhaltenstherapeutische Gruppentherapie. Verglichen wurden Veränderungen in der Symptomschwere, in objektiven Tests zur Konzentrationsfähigkeit und in zugrundeliegenden Hirnstrommustern über vier Messzeitpunkte von vor Beginn der Intervention bis zu sechs Monaten nach Trainingsende. Dabei stellte sich heraus, dass die Effekte die Neurofeedbackintervention denen eines Placebotrainings nicht überlegen waren. Beide Trainings hätten eine gute Wirkung gezeigt, einen spezifischen Effekt des Neurofeedbacks auf die Hirnströme habe man jedoch nicht nachweisen können. 

Es habe sich aber gezeigt, dass das verhaltenstherapeutische Gruppentraining ebenfalls zu einer Abnahme der Symptome führe, sagte Projektleiter Michael Schönenberg. „Und dies bei wesentlich geringerem Aufwand der Methode. Unter anderem braucht es weniger Sitzungen, statt Einzeltraining ist ein Gruppentraining möglich und es entstehen keine Zusatzkosten durch Anschaffung und Unterhaltung der technischen Voraussetzungen.“ 

Als Ergebnis der Studie hielt der Wissenschaftler fest, „dass verhaltenstherapeutische Ansätze sehr effektiv und effizient in der Behandlung von ADHS-Symptomen im Erwachsenenalter sind. Bevor andere Methoden für die Therapie empfohlen werden können, müssen diese erst ihre Überlegenheit gegenüber verhaltenstherapeutischen Standardmethoden unter Beweis stellen.“  

Die Aufmerksamkeitsstörung ADHS wird besonders häufig bei Kindern und Jugendlichen festgestellt, kommt jedoch auch bei Erwachsenen vor.

Carl-Auer-Literaturtipps:
Helmut Bonney (Hrsg.): „ADHS – Kritische Wissenschaft und therapeutische Kunst“ 
Helmut Bonney: „ADHS – na und? – Vom heilsamen Umgang mit handlungsbereiten und wahrnehmungsstarken Kindern“