Mit schlichter Rhetorik Wähler erreichen
Verwenden Sie eine schlichte, einfache und anschauliche Sprache im Wahlkampf 2017! Das ist die Empfehlung der Linguistin Elisabeth Wehling an die Adresse der deutschen Politik vor dem anstehenden Bundestagswahlkampf. In einem Interview mit der NZZ erläutert die in Berkeley forschende Wissenschaftlerin und Carl-Auer-Autorin, wie es ihr gelingen konnte, nur mithilfe der Analyse des politischen Jargons von Donald Trump dessen Wahlsieg bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt für wahrscheinlich zu erklären. Auf Umfragewerte hatte sie sich dabei bewusst nicht gestützt.

Trumps Rhetorik war laut Wehling voll Plastizität. Die einfache Bildhaftigkeit seiner Sprache gestattete es ihm, seine unerwartete Breitenwirkung zu erzielen und sich gleichzeitig dem traditionellen politischen Diskurs weitgehend zu entziehen. Anstatt etwa eine Debatte über Obergrenzen der Zuwanderung aus Mexiko zu eröffnen, kündigte er den Bau einer Mauer an. Erstaunlicherweise nahmen ihn breite Schichten der Bevölkerung dabei beim Wort, ohne ihn wortwörtlich zu nehmen oder nehmen zu wollen.

Im Gegensatz dazu fehlten laut Wehling dem Clinton-Lager solche Identifikationsangebote. Beim Wahlkampfthema Gesundheitsreform sei deutlich geworden, dass der Verweis auf eine beeindruckende Statistik allein bei den Wählern kaum Überzeugungskraft entfalten konnte. Es fehlen Beispiele und Stories von Menschen, denen die neue Krankenversicherung tatsächlich geholfen hat.

Wehling konstatiert den Niveauverlust während des US-Wahlkampfs und prangert die Kumpanei der Medien mit dem Quotenbringer Trump durchaus an. Aber sie differenziert auch zwischen der Wahlkampfrhetorik und dem politischen Tagesgeschäft im Nachgang von Wahlen. Wer mehr über die Kraft politischer Metaphern erfahren möchte, dem sei das Buch von Elisabeth Wehling und George Lakoff „Auf leisen Sohlen ins Gehirn“ empfohlen. Es ist ab Mitte dieser Woche wieder lieferbar. 

Carl-Auer-Literaturtipp: 
George Lakoff, Elisabeth Wehling: „Auf leisen Sohlen ins Gehirn – Politische Sprache und ihre heimliche Macht“