Kinderschutz: Neue Zahlen zu Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen

Wenn das Jugendamt Kinder und Jugendliche in Obhut nimmt, liegt gewöhnlich bereits ein langer Leidensweg hinter ihnen. 61 383 Fälle gab im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt. Im Jahr davor war die Zahl deutlich höher: 2016 waren es 84 230 Fälle. Das lag vor allem an der Anzahl unbegleiteter Flüchtlinge, die auch in der Statistik auftauchen: 2016 waren es fast 45 000, 2017 nur noch halb so viele, meldet die Süddeutsche Zeitung.

Henrike Roßbach merkt  in ihrem Kommentar dazu an: „Doch sind die eigentlichen Dramen die Fälle, in denen niemand klingelt, von denen man erst erfährt, wenn es zu spät ist. Schnell ist dann von Behördenversagen die Rede, und für kurze Zeit sind auch schon mal die teils absurd hohen Fallzahlen ein Thema, die viele Jugendamtsmitarbeiter auf ihren Schreibtischen liegen haben. Natürlich gibt es persönliches Versagen. Und es werden sich niemals alle Familiendramen verhindern lassen. Dennoch müssen die Jugendämter besser ausgestattet werden, mit Personal und Geld. Jedes Kind, das nicht in der Statistik auftaucht, ist es wert.“

Die Lesetipps empfehlen drei Titel, die neue Wege der Krisenintervention einschlagen: Das niederländische Modell von Justine van Lawick und Margreet Visser, „Kinder aus der Klemme“, wird inzwischen u. a. in einem Berliner Pilotprojekt erfolgreich umgesetzt. Frank Früchtel und Erzsébet Roth stellen den erweiterten „Familienrat“ vor. Er könnte vielfach eine innovative und sinnvolle Alternative zur Inobhutnahme von Kindern durch die Jugendämter sein. Brigit Theresa Koch hat ein Buch herausgegeben, das die Lage von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und Anlässen betrachtet und zu entsprechend differenzierten Lösungsangeboten kommt.

Carl-Auer-Litertaurtipps:
Birgit Theresa Koch (Hrsg.): „Junge Flüchtlinge auf Heimatsuche – Psychosoziales und pädagogisches Handeln in einem sensiblen Kontext“
Justine van Lawick, Margreet Visser: „Kinder aus der Klemme –Interventionen für Familien in hochkonflikthaften Trennungen“ 
Frank Früchtel, Erzsébet Roth: „Familienrat und inklusive, versammelnde Methoden des Helfens“