Immer mehr Kinder mit ADHS-Diagnose

Die Anzahl der Kinder mit Zappelphilipp-Syndrom nimmt leider weiter zu. Das umstrittene Ritalin wird  aber wesentlich seltener verordnet als noch vor fünf bis zehn Jahren.

Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK wurde 2006 bei 2,5 Prozent der 3 bis 17-Jähringen eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktiviätsstörung (ADHS) diagnostiziert, 2014 waren es bereits 4,4 Prozent. Heute ist ADHS der häufigste psychische Befund bei Kindern, bei Jungen liegt der Anteil fast dreimal so hoch wie bei Mädchen und jüngere Kinder erhalten öfter die Diagnose als ältere.

Die Wahrscheinlichkeit einer ADHS-Feststellung ist vor allem bei den jüngsten Kindern eines Jahrgangs groß. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die jüngsten im Vergleich mit den älteren Kindern einer Klasse nur deshalb als Störenfriede erscheinen, weil sie altersbedingt eine größere Impulsivität und eine geringere Aufmerksamkeitsspanne mitbringen.

Die Carl-Auer-Autorin Claudia Roggensack geht in ihrem Buch „Mythos ADHS – Konstruktion einer Krankheit durch die monodisziplinäre Gesundheitsforschung“ sogar so weit, das Störungsbild ADHS radikal zu hinterfragen. Denn häufig bringen Aktivitäten im Freien, Sport, eingeschränkte Fernseh- und PC-Zeiten und ein geregelter Tagesablauf eine deutliche Verbesserung der Symptome. Auch stehen andere Interventionsmöglichkeiten in großer therapeutischer Vielfalt zur Verfügung: In der Einzelarbeit mit dem Kind, beim Einbeziehen der ganzen Familie oder für die Zusammenarbeit mit der Schule können  alternative Verstehensmodelle entstehen und Lösungswege aufgezeigt werden.

Carl-Auer-Literaturtipp: 

Helmut Bonney:
„ADHS – na und? – Vom heilsamen Umgang mit handlungsbereiten und wahrnehmungsstarken Kindern“ 
Claudia A. Reinicke: „Mit ADHS und Freude durch den Schulalltag“ 
Claudia Roggensack: „Mythos ADHS – Konstruktion einer Krankheit durch die monodisziplinäre Gesundheitsforschung“