Zocken

In der Öffentlichkeit wird immer wieder bemängelt, der Kapitalismus sei zum Spielcasino verkommen. Mir scheint das Quatsch - zumindest, was die Bewertung angeht. Denn der Kapitalismus - oder, etwas weniger in der Begrifflichkeit vorbelastet: unser marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem - hat schon immer einige Gemeinsamkeiten mit Glücksspielen gehabt. Das ist aber meines Erachtens nichts, was es zu kritisieren gilt, sondern einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren dieses Modells. Denn es bietet dem Einzelnen die Chance, seine Größenphantasien zu leben - und manchmal sogar zu realisieren.


Wenn man nicht das schlicht-psychologische Modell des homo oeconomicus, der rational kalkulierend seine Entscheidungen trifft, zugrunde legt (solche Menschen trifft man nur selten, und wenn sie so agieren, sind sie weder wirtschaftlich noch anderweitig erfolgreich - oder anders gesagt: Menschen mögen rational handeln, aber es ist eine andere Rationalität als die von den Wiwis unterstellte), sondern Selbstpsychologie und Narzissmustheorie, so kommt man zu ganz anderen Ergebnissen, die auch empirisch ihre Bestätigung finden.


Zocken ist eine Form des Umgangs mit dem, was gemeinhin als Realität definiert wird. Diese Realität nicht zu akzeptieren, sondern zu versuchen, sie zu verändern, ist eine paradoxe Art der Bewältigung des Realitätsprinzips. Das gilt für das Glücksspiel wie für unternehmerisches Handeln.


Ich schreibe gerade einen Artikel zum Thema, mal sehen, wohin mich diese bislang - zugegeben --noch etwas wirren Überlegungen führen...