Wunderbare Staffarbeit

Heute war ein anstrengender und guter Tag. (Meine Beiträge zu dem Web-Log verfasse ich immer am Abend vorher.)


Wir hatten Projekt-Staffmeeting mit den beteiligten fünf Beraterinnen. Ein größeres Projekt, welches uns seit Monaten beraterisch und emotional beschäftigt. Nun heißt es für einige von uns Abschied zu nehmen, vom Kunden, vom Staff, von dem Projekt. Der Termin ist eine Möglichkeit für uns "aufzuräumen". "Projekt-Kehraus". Vieles haben wir erreicht, alles was der Projektauftrag uns mitgegeben hat. Und doch ist eine eigentümliche Trauer im Raum. Hätten wir nicht mehr erreichen können? Was bleibt, wenn wir (die Berater) gehen? Waren unsere Interventionen die richtigen? Was hätten wir noch besser machen können?


Wir haben einen Prozess begleiten, der "ohne Not" gestartet worden ist. Der Konkurrenzdruck auf das Unternehmen war absehbar, aber nicht akut (?!). Uns war klar, dass es um "Desillusionierung" geht. Aber auch unsere Klarheit war eher rational als emotional. Wir schätzen die Menschen sehr, mit denen wir arbeiten durften. Viel haben wir lernen dürfen. Aber auch wir sind zu einigen Aspekten desillusioniert.


Unsere Zweifel und Fragen haben einen Raum. Mit den Kollegen sich darüber austauschen zu dürfen, ist ein grandioser Schatz. Jenseits aller Kundentermine, Akquisen und aller Hierachie. Jenseits aller Regeln haben wir Freiräume um zu reflektieren. Fast wirkt es wie ein Luxus und dabei ist es eine Notwendigkeit. Die strukturierten und unstrukturierten Schleifen zu dem Projekt helfen uns. Unsere Hypothesen werden klarer beschreibbar . Wir dürfen in aller Unterschiedlichkeit gemeinsam Ideen entwickeln, warum es ist wie es ist. Erfolge werden anerkennt und auch Wut kocht hoch. Wir haben einen geschützten Raum, in dem vieles möglich ist, insbesondere auch selber auzuräumen und zu wachsen. Für den Kunden, aber nicht nur für ihn.


Eine Oase dabei zu spüren, dass auch der Mensch zählt, im Kundensystem wie bei uns. Dieses Gefühl ist in den letzten Jahren seltener geworden in unseren Kundensystemen, aber auch in unserer Gesellschaft. Die Sehnsucht auch als Mensch gesehen zu werden, ist die letzten Jahre allerdings gewachsen.


Und zum Abschluss noch ein paar Zeilen von Rilke. Dieser Ausschnitt aus einem Brief hat mich auch in anderen Kontexten hilfreich begleitet:


Und ich möcht sie - so gut wie ich es kann - bitten Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selber lieb zu haben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Bestimmt leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antworten hinein.


Dafür, die Fragen zu leben, dafür liebe ich Staffs!!!