Wirtschafts-Predigten

Weihnachten war eine Gelegenheit für deutsche Bischöfe, ob katholisch oder evangelisch spielte keine Rolle, zu predigen. Das tun sie zwar jeden Sonntag, jeden Feiertag, und ganz besonders Weihnachten, aber dieses Jahr hatten die Predigten der regionalen Oberhirten ein gemeinsames Thema: die Wirtschaft.


Herr Huber (evangelisch) hat Joe Ackermann gesagt, was mit ihm persönlich und der Deutschen Bank nicht stimmt ("Götzendienst"), Herr Meisner (katholisch) hat die Banken der Gier wegen gescholten. Ähnliches war von Frau Kässmann (evangelisch), Herrn Marx (katholisch), Herrn Zollitsch (katholisch) und vielen anderen zu hören.


Dagegen wäre ja im Prinzip nichts zu sagen, wenn da nicht die Mischung aus einerseits modischem Trittbrettfahren (es ist nicht sehr originell, im Moment auf die Banken, den Kapitalismus etc. zu schimpfen - warum wurden diese Predigten nicht vor Jahren gehalten?) und andererseits ökonomischer Inkompetenz wäre. Denn die Krise des Kapitalismus der persönlichen Gier, Charakterlosigkeit und/oder Inkompetenz von Einzelnen zuzuschreiben, zeugt von einem tiefen Unverständnis des Funktionierens unseres Wirtschaftssystems. Denn es beruht darauf, dass das, was möglich (an Gewinn z.B.) ist, auch zu realisieren versucht wird. Das wird durch Moralpredigten nicht verhindert. Will man das ändern, muss man Regeln schaffen, die dies unmöglich machen...


Wenn man jemandem Vorwürfe machen kann, so ist das die Politik, d.h. den Politikern und ihren Wählern (uns), die sich nicht wirklich um eine anständige Regulierung der Wirtschaft gekümmert haben (weil sie desinteressiert waren, zu viel Gottvertrauen hatten oder sich den Vertretern von Partikularinteressen unterworfen haben, die unter dem Label der Wirtschaftswissenschaften - Stichwort: Marktfundamentalismus - ihre Ideologien vertreten haben).


Vielleicht liegt hier ja die Chance der Krise: die Wiederentdeckung der Politik.


Da könnten die Kirchen helfen: indem sie dafür beten...