Werte

Es wird ja in letzter Zeit viel über Werte geschrieben und geredet: Westliche Werte, Werte des Abendlands usw.


Ehrlich gesagt, bin ich immer etwas ratlos, wenn die Rede auf Werte kommt. Was ist damit gemeint? Wenn man sich an Unterscheidungen orientiert (wie ich), dann ist nicht klar, was denn auf der anderen Seite der Unterscheidung liegt, gegen was sich "Werte" abgrenzen, was der Gegenbegriff ist, ob es überhaupt einen gibt? Außerdem fehlt mir jeder operationalisierte oder operationalisierbare Bezug zum Handeln (obwohl im alltäglichen Talkshow-Gebrauch ja meist vom Handeln gesprochen wird). Also alles in allem: eine abstrakte, hohle Worthülse.


In der systemtheoretischen Literatur findet man nicht so viel zum Thema Werte. George Spencer-Brown sagt, dass jedem Unterscheiden ein untereschiedliches Bewerten zugrunde liegt. Soweit so gut. Da gibt es immer zwei Seiten. Aber das ist wahrscheinlich ja mit den viel zitierten Werten nicht gemeint... Auch die Unterscheidungen gut/böse, stark/schwach, aktiv/passiv, die nach Osgoods "semantischem Differential" unser Fühlen leiten, sind wohl nur am Rande gemeint.


Am überzeugendsten finde ich die Definition, die sich in Ruesch und Batesons "Kommunikation" (1951) findet, nach der ein Wert als ein "Reiz-Reaktions-Schema" zu betrachten ist. Das ist konkret und kann am Handeln abgelesen werden, frei nach dem Diktum: "Willst Du wissen, welche Werte jemand hat, schau Dir an, was er tut!"


Beispiel: Flüchtlinge kommen nach Deutschland (=Reiz), dann werfen die einen mit Teddybären, die anderen mit Brandsätzen (=Reaktion) - sehr vereinfacht dargestellt, wie ich zugeben muss.