Weizenbaum

Joseph Weizenbaum ist gestorben.


Er war eine der Persönlichkeiten, die sich kritisch mit Fragen der künstlichen Intelligenz beschäftigten. In den 70er Jahren hat er ein Buch mit dem Titel "Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft"publiziert, in dem er die Idee, irgendwann könnten Computer so denken wie Menschen analysierte und überzeugend dargestellte, dass solch eine Vorstellung Unsinn ist.


Eines seiner Hauptargumente war, wenn ich das nach so langer Zeit recht in Erinnerung habe, dass Computer über keinen Körper verfügen und daher auch nicht über die damit verbundene sinnliche Erfahrung. Denn wir denken und erinnern uns nicht nur mit dem Gehirn, sondern unser Erleben findet seinen Niederschlag in den Muskeln, den Organen usw. - und all das macht die Spezifität menschlicher Kognition, die immer auch seine Emotionalität und Körperlichkeit umfasst, aus.


Auch heute noch gut zu zitieren, ist, dass er ein Computer-Programm entwickelte, das nach den Prinzipien der Gesprächstherapie (Rogers) funktionierte und das daher als "Therapeut" genutzt werden konnte ("Eliza"). Weizenbaum schilderte (ich glaube in o.g. Buch), dass seine Sekretärin, die ja die ganze Entwicklung des Programms mitverfolgt hatte, ihn einmal aus dem Raum schickte, weil sie gerade in einen intimen und vertrauensvollen Dialog mit Eliza verwickelt war.


Die Hoffnung, man könne Psychotherapie nun an Maschinen übertragen, hat Weizenbaum damit eigentlich ad absurdum führen wollen, aber nichtsdestoweniger für eine gewisse Zeit bei gar nicht so wenigen Leuten erst geweckt. Dass Eliza doch ein wenig beschränkt war, ließ sich leicht testen, indem man sie selbst ins Spiel brachte. Ich habe sie z.B. einmal aus der Patientenrolle mit dem Satz konfrontiert: "Ich habe heute nacht von Eliza geträumt". Darauf erhielt ich die Antwort: "Sprich von dir, nicht von mir!"... Na ja.


Ich kannte Weizenbaum leider nicht näher. Als ich ihn einmal auf einer Konferenz ansprach, um ihn nach Heidelberg einzuladen, gab er mir einen Korb, weil ich ihm nicht gut genug begründen konnte, was ich denn eigentlich von ihm wollte, außer dass er das erzählt, was man eh in seinen Büchern nachlesen kann.


Recht hatte er - und ich habe von ihm gelernt, nicht jede Einladung einfach anzunehmen, sondern ein paar Fragen nach ihrem tieferen Sinn (zumindest für mich) zu fragen.


Um zum Anfang zurück zu kommen: Joseph Weizenbaums Tod ist ein schmerzlicher Verlust (aber natürlich: welcher Tod ist das nicht?).