Wechselwirkungen

Nun hängt das Schild "Systemische Kehrwoche" also an meiner Tür - schönen Dank an meine Vor-Kehrer! Ich vermute, ich bin mit diesem Schild aufgefordert, nicht nur vor meiner eigenen Haustüre zu kehren (obwohl das allein schon ein lohnendes Unterfangen wäre), sondern auch die Mitbewohner des systemischen Hauses mit zu bedenken...


So verstanden sind Kehrwochen eigentlich immer systemisch und bedürften dieses Etiketts gar nicht - aber wenn das alles so einfach wäre, dann hätte es so manche Diskussion in Heidelberg und um das Haus Carl-Auer herum nicht gegeben und das wäre ja nun auch wieder sehr schade!


In jedem Fall hat aber diese Einladung zur "Systemischen Kehrwoche" bei mir schon eine Änderung meiner Gedanken und Empfindungen bewirkt: ich finde die systemische Grundannahme bestätigt, dass es eine vom Beobachter unabhängige Wirklichkeit nicht gibt. Mein "Aufmerksamkeitsscheinwerfer" hat sich bereits im Vorfeld dieser Woche verstärkt auf die "systemischen Bezüge" meines Lebens gerichtet. Der Fokus meiner Wahrnehmung hat sich verschoben und möglicherweise begegnet mir dadurch auch anderes: was wird sich in dieser Woche wohl ereignen, das ich Ihnen auf diesem Wege mitteilen kann und möchte?


Eva Madelung spricht ja gerne von der "Wechselwirkungs-Wirklichkeit" (in: Kurztherapien, Kösel Verlag 1996, S.56 und: Im Bilde sein, Carl-Auer-Systeme Verlag 2003, S.21). Mein Befinden, meine Vorstellungen, Gedanken und Kommunikation sind immer kontextabhängig: sie werden von den Systemen, mit denen ich in Kontakt bin oder trete, beeinflusst und ich beeinflusse diese meinerseits mit.

Die "Systemische Kehrwoche" erscheint mir ein gutes Beispiel für diese "Wechselwirkungs-Wirklichkeit": Indem ich mit Ihnen, den gegenwärtigen und zukünftigen Lesern in einen (zugegeben ziemlich virtuellen) Kontakt trete, sehe ich die Ereignisse dieser Woche quasi durch eine andere Brille, mit anderen Augen. Ich werde Ihnen etwas erzählen von meinen Beziehungen zu verschiedenen Systemen, vielleicht von meiner Familie, den Klienten in meiner Praxis, von Freunden und Menschen, die ich im Alltag treffe oder mit denen ich im geistigen Austausch stehe. Ich beschreibe meine Wirklichkeit und gleichzeitig wird diese durch mein Schreiben beeinflusst - und Sie als Leser werden ebenfalls ein Teil dieser Wechselwirkungs-Wirklichkeit, vielleicht schreiben Sie einen Kommentar, vielleicht werde ich von dieser Wechselwirkung nie etwas erfahren...


In jedem Fall freue ich mich auf eine auf- und anregende Woche!