Wahlen als Aufstellung

Zwar nicht mehr ganz aus gegebenem Anlass, auch für uns Berliner liegt die letzte Wahl ja schon wieder 10 Tage zurück, fiel mir wieder ein, diese Metapher durchzuspielen: Wahlen als Aufstellung.


Und lässt es sich nicht so betrachten: der "Klient", das Volk, wählt aus einer Gruppe von sich zur Verfügung stellenden Stellvertretern Repräsentanten für bestimmte Positionen aus. Sicherlich, das Verfahren ist etwas verschachtelt, aber das hat man bei manchen systemischen Aufstellungsformaten auch. Das Volk wählt ja eine Partei bzw. bestimmte Abgeordnete, die dann wieder den Bürgermeister oder die Kanzlerin wählen, die wiederum ihre Senatoren oder Minister wählen. Und sobald nun ausgewählt ist, beginnt in einer Aufstellung bekanntlich die repräsentierende Wahrnehmung bei den Stellvertretern. Tatsächlich sieht es ja so aus, dass sobald ein Politiker im Amt ist, er sich anders verhält, und das solange er in der Rolle ist (manchmal kann es am Ende Entrollungsprobleme geben...). Doch dann stellt sich die Frage, für was denn die Repräsentanten ausgewählt werden. Klar, das Amt des Bundeskanzlers etwa hat bestimmte gesetzliche Vorgaben. Das Ausfüllen des Amtes scheint aber darüber hinaus zu gehen. Ich vermute, in dieser Metapher ist das eine andere Ebene als die der Programme und konkreten politischen Projekte. Nur welche? Möglich, dass der Zustand der Politik auch mit einer allgemeinen Unklarheit hierüber zusammenhängt. Denn "das Volk" hat ja hier, weiter im Kontext dieses Bildes gesprochen, die Macht (und Verantwortung) zu bestimmen, WAS denn repräsentiert wird. Was entspricht nun dem Hereinführen der Stellvertreter in der politischen Wahl? Das wäre dann die Abstimmung über die Parteipositionen. D.h. in unserem Wahlsystem stehen nur bestimmte Orte zur Verfügung, an denen die Repräsentanten stehen können. Möglich, dass das aus dem Blick einer künftigen Gesellschaftsform als noch sehr primitive Form der Wahl erscheinen wird. Interessant auch, dass sobald ein Repräsentant an einer bestimmten Stelle aufgestellt steht, es zu einer Reaktion kommt, er sich vielleicht blockiert, geschwächt, getrieben etc. fühlt. Es kommt dann zu Umstellungen, Veränderungen ... bis zur nächsten Wahl.


Wie gesagt, eine Metapher, die wie jede Metapher öffnet und verschließt. Sie zeigt vielleicht Zusammenhänge, die unsichtbar blieben, und sie hat ihre blinden Flecken.