Vulkanische Ironie

Es ist schon komisch: Da lebe ich einen Monat am Fuße eines Vulkans (Vesuv), und als ich heimfahren will, kann ich das nicht wegen eines Vulkanausbruchs weit weg... Globalisierung der Asche (früher dachte ich, das wäre ein Synonym für "Geld regiert die Welt".


Da mir meine Heidelberger Schutzengel am Freitagmorgen schon per sms mitteilten, dass mein für Mittag anberaumter Flug storniert ist, habe ich mein i-Phone befragt - hier zur Abwechslung mal ein Lob für die Deutsche Bahn bzw. deren i-Phone-App -, das mir auf die Frage, wie ich von Napoli nach Berlin komme, ein Dutzend Verbindungen nannte. So saß ich um 9 Uhr 50 in der Freccia Rossa, dem italienischen Hochgeschwindigkeitszug, der für die Strecke von Neapel nach Mailand gerade mal 4,5 Stunden braucht. Nach einer Übernachtung in der Schweiz war ich dann 24 Std. später als geplant und um viel Geld ärmer in Berlin.


Im Zug sassen viele Schweden, Holländer etc., die es noch weiter hatten als ich, - und merkwürdigerweise war niemand aufgeregt, keiner hat sich beschwert, alle wirkten ganz uneuropäisch gelassen. Was doch so ein wenig Naturkatastrophe an Bewertungsveränderung mit sich bringt... Das bezieht sich übrigens auch auf mein Entfernungserleben. Das erste mal bin ich als Kind in Neapel gewesen. Damals gab es noch keine Autostrada, d.h. man fuhr ewige Zeiten mit dem Auto durch die wunderschöne, bergige Toskana. Irgendeiner kotzte immer gerade, so dass die Fahrt nicht wirklich erbaulich war. Später war ich ein paar Mal mit dem eigenen Auto da. Auf der Autobahn war es zwar schneller, schien mir aber immer noch ewig weit. Mit dem Flugzeug verliert man dann jedes Gefühl für Entfernungen. Und jetzt, nach zwei Tagen Eisenbahnfahrt, kommt mir Neapel näher vor als je zuvor. Dadurch dass die Landschaft an mir vorbei geschoben wurde, hat sich irgendwie meine Fähigkeit, Entfernungen zu erleben und einzuschätzen verändert bzw. der Bewertungsmaßstab. Wo man mit der Bahn hinfahren kann, da könnte man ja auch hinlaufen...