Von Tätern, die sich zu Opfern machen

Ich habe vor einiger Zeit ["Gnade für Terroristen"](http://blog.zettmann.de/2007/01/28/gnade-fur-terroristen/ "Gnade") gefordert und den Terroristen dann ein paar Tage später wieder in Ungnade [("Klartext oder Erlösergebrabbel?")](http://blog.zettmann.de/2007/02/28/klartext-oder-erlosergebrabbel/) fallen lassen. Beim Chemnitzer Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer, der auf seine - allerdings völlig unblutige - Weise fehlgegangen ist, stellen sich ähnlich gelagerte Fragen: Verzeihen? Vergeben? Vergessen?

Steuer hat zwischen 1985 und 1989 mit der Stasi kooperiert und dafür ein paar Tausender Ostmark eingesackt. Heute ist er immer noch nicht bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Da ist er sich mit Herrn Klar einig, der ja nur deswegen so gehandelt hat, weil ihn das böse kapitalistische System dazu gezwungen hat. Auch Herr Steuer war ein Opfer des Systems, das ihn zwang, um seines sportlichen Talents willen als Stasi-Mann zu agieren.

Oder handelt es sich doch um selbstsüchtige Täter? Hier der große Revolutionär, der es wagt, zu morden, um andere, die nicht darum gebeten haben, von ihren vermeintlichen Ketten zu befreien. Der noch heute davon träumt, das verhasste System zu kippen. Dort der Karrierist, der mit den Mächtigen ins Bett steigt, um sich selbst zu verwirklichen. Der noch [Jahre später lügt](http://www.sueddeutsche.de/sport/weitere/artikel/286/106180/), um seine Karriere fortzusetzen.

Darf ich denn jetzt einen Stein werfen? Oder sitze ich selber im Glashaus? Unangenehmerweise rückt mir das Böse, so betrachtet, nämlich beängstigend nah. Handelte ich nicht auch schon mal selbstsüchtig? Als ich der FDJ beitrat. Als ich die Entscheidung traf, zwar den Wehrdienst zu verweigern, aber dennoch in der DDR-Armee zu dienen. Als ich einen Antrag auf Ausreise stellte. Gleichwohl habe ich mich immer als den Täter meiner Taten gesehen. So übel mir danach auch war...

Hartnäckige Uneinsichtigkeit diesbezüglich ist allerdings nicht strafbewehrt. Es macht jemanden nur unsympathisch.