Von Stürmen und Segelwind

### **Von Stürmen und Segelwind** ###


War bei unserem ersten Kontakt noch mächtiger Sturm angesagt, hat sich die emotionale

Großwetterlage inzwischen als durchaus surfbar erwiesen. Diese gefühlsmäßige Entspannung

lässt mich, zumindest erst einmal, ein paar Gedanken und Beobachtungen aus meiner Außenwelt

aufnehmen. Wenden wir uns also erst einmal von der Selbstbetrachtung ab und nehmen wir die

Phänomene auf, die mir heute im Alltag begegnet sind - als da wären:


1. Die Spannung, die davon ausgeht, dass der Eigentümer eines Unternehmens ein Private Equity

Fonds ist. Diese Spannung macht sich nicht allein am Finanziellen fest, sondern vor allem an dem

Umstand, dass die Zeitlichkeit von besonderer Bedeutung ist. Früher oder später wird die Firma

wieder verkauft. Bis dahin muss eine Wertsteigerung erreicht und eine ordentliche Rendite ein-

gefahren sein. Nun will ich an dieser Stelle (sicherlich nicht in die Heuschreckendiskussion einsteigen.

Viel interessanter ist die Wirkung, die diese Forderung unmittelbar entfaltet: (dieser Forderung). Das

Unternehmen wird in seinem Geschäftsmodell gestretcht. Der eingeschwungene Zustand wird schnell

einer Zerreißprobe ausgesetzt. Und wenn das Unternehmen keinen Dehnungsfaktor hat bzw. bislang

mit solchen Übungen wenig vertraut ist, macht sich schnell Stress breit. Hält die Anspannung dann

noch über längere Zeit an und lassen sich keine (konstruktiven) Ventile finden, geht der Flow verloren.

Die Gespräche werden formalisiert über die Zahlenwelt geführt. Aus Anspannung wird so Verspannung.

Mit der Konsequenz, dass die Zukunft immer weniger gestaltbar wird. Da kann ich mich glücklich schätzen,

dass in der heutigen Diskussion über die aktuelle Situation in einem Unternehmen diese Dynamik gesehen

(werden) und angeschaut werden durfte. So kann die Verspanntheit hoffentlich bald wieder einem mehrdimensionalen Blick auf die Wertschöpfung weichen.


2. Eine Geschäftsführung, die den Unternehmenswandel nicht instrumentalisiert, sondern sich in ihrer Vorgehensweise bei Meetings, im Kontakt mit der Zukunftsgruppe und bei Entscheidungen der Wirkung

ihrer eigenen Verhaltens mehr und mehr bewusst wird. Langsam kehrt Ruhe ein, wo bislang aufgeregte

Hektik den Austausch unmöglich machte, wo eine durchgestylte Agenda keinen Raum für Meinungs-verschiedenheiten ließ und wo Maßnahmenpläne mehr verhinderten als ermöglichten. Für mich ist es

ein besonderer Augenblick, wenn sich junge Führungskräfte und die Geschäftsführung ihr gegenseitiges

Vertrauen aussprechen. Und es ist ein besonderer Moment, wenn der Humor in die Gespräche zurückkehrt

und die Ironie verdrängt.


3. Eine Taxifahrerin, die mir bei der Fahrt zum Kölner Bahnhof in den schönsten Bildern (farblich durchaus ansprechend) vom Liebesleben des Oliver Neuville (Profifußballer bei Mönchengadbach) erzählt. Von den

billigen Bars, in die sie ihn untertags schon fahren muss (er ist gerade am Knie verletzt und kann nicht

trainieren), genauso wie den Frauen (-geschichten), die er sich dort so anlacht. Aus Sicht meiner Taxifahrerin

wäre das Problem einfach zu lösen. Er gibt ein Teil seines Geldes an Leute, die es brauchen können. Dann würde

er sich als nützlichen Teil der Gesellschaft erleben, und müsste seine Nutzlosigkeit nicht in Alkohol und billigen Affären ersäufen, sagt meine Taxifahrerin. Irgendwie wäre mit der Umverteilung allen geholfen. Wäre noch zu

sagen, dass die Taxifahrerin aus Kroatien stammt und dort noch Wurst nach Wurst schmeckt und Brot noch

duftet. Das wiederum hat ihren Bruder, der drei Monate in Karlsruhe zum Polizisten für Kroatien ausgebildet

wurde, dazu bewogen so gut wie nichts von deutscher Wurst und deutschem Brot zu essen. Worauf er in drei

Monaten acht Kilogramm abgenommen hat.


Und so wären wir wie im letzten Beispiel gut nachvollziehbar wieder am eigentlichen Ziel unserer Reise

angelangt: der systemischen Fastenkur.

In diesem Sinne wünsche ich gute Geschäfte und sage auf Wiedersehen morgen.