Vom Recht auf das eigene Bild
### **Vom Recht auf das eigene Bild** ###
Heute möchte ich von einer Begegnung der dritten Art erzählen.
Letztens waren wir beim Fotografen. Eigentlich nichts besonderes,
wenn es sich dabei nicht gerade um biometrisch korrekte Passfotos handelt,
bei denen man nicht mehr lachen darf und nur noch angestrengt geradeaus
in die Kamera stieren muss. Oder, ja oder eben Autorenfotos. Aber scharfe
bitte, meinte Frau Ulrich. Wir, sprich Hans, Stephan und ich
(alle von Expedere, Berlin) also zum empfohlenen „Starfotografen“.
Was für ein Ambiente. Kein Schild kündet vom Künstler und das Atelier
liegt in der Etagenwohnung. Alles wenig spektakulär. Genauso wie unser
Fotograf. Der gibt ganz unaufgeregt nur kurze Anweisungen und die Bilder
sind direkt auf dem 21 Zoll Bildschirm seiner Rechner zu sehen. Wow,
das soll ich sein? Unglaublich, aber bin ich das wirklich? Schließlich will
ich kein Plagiat, keine Fälschung, sondern ein Original. Doch was mir da
vom Bildschirm entgegen blickt, hatte ich irgendwie anders in Erinnerung.
Der Schnurrbart ist schon lange ab, wird aber immer noch gerne mitgedacht.
Die Haare sind länger als gewohnt und das Profil kantiger als sonst.
Nun mal langsam. Bitte eine neue Bildserie. Jetzt mit Jackett, ohne Brille.
Hilft aber auch nicht. Es bleiben Bilder, an die ich mich, an die wir drei uns
erst gewöhnen müssen. Zu deutlich heben sie sich von den üblichen
Weichzeichnern der Passfotografen ab. Sie bringen unser Innenleben zum
Ausdruck. Der Mund spricht Bände und die Augen erzählen Geschichten.
Die Gesichtszüge treten deutlicher als sonst hervor. Das Profil wirkt wie
ein Scherenschnitt.
Solche Fotos hatten wir noch nie. Vielleicht werde ich damit beginnen,
das äußere Bild auf dem Computerbildschirm auch zu meinem inneren
Bild zu machen. Im Übrigen finde ich speziell nach dieser Fotosession,
jeder sollte das Recht auf das eigene Bild haben und es von Zeit zu Zeit
austauschen dürfen. Also haut rein oder wie man in Australien sagt:
See ya, mate!