Vertrauen!

Gestern in der abendlichen Tagesschau schien Vertrauen das Top-Schlagwort. Erst forderte der Vertreter Qatars bei der FIFA, man müsse gefälligst Vertrauen, dass bei der Fussballweltmeisterschaft 2022 die Rasenheizung funktioniert und es auch sonst nicht zu kalt wird. Und Norber Röttgen, im tiefen Gorleben, forderte ebenfalls, man sollte vertrauen... Dann gab es nocht jemanden, der im Zusammenhang mit Stuttgart 21 Vertrauen anmahnte (ich habe mir die Einzelheiten nicht gemerkt).


Mir schien, dass hier Leute, denen man nicht vertraut, Vertrauen fordern. Aber das ist ja auch logisch: Wenn sie Vertrauen "genießen" würden, müssten sie es nicht fordern. Ich kenne zwar den Scheich aus Qatar nicht (oder schreibt man das Katarrh?), aber wer, um dies als Beispiel zu nehmen, vom FIFA-Exekutivkommitee als Veranstalter der WM ausgewählt wurde, sei es nun Russand oder Qatar, der macht sich zwangsläufig der Korruption verdächtig... Käuflichkeit scheint ja ein Synonym für FIFA.


Trotzdem: Der Sprachgebrauch ist verwirrend. Vertrauen wird "geschenkt". Heißt das, man kann es sich nicht "verdienen". Aber ja, man "verdient" ja auch gelegentlich Vertrauen. Es wird "gestiftet", wieder etwas, das freiwillig gegeben wird, ohne dass irgendwer einen Anspruch erheben oder Forderungen stellen könnte. Man verdient auch Mißtrauen, aber man bekommt es offensichtlich nie geschenkt, und gestiftet wird es auch.


Alles viel zu kompliziert für mich. Auf jeden Fall werde ich wohl weiterhin sehr mißtrauisch, wenn jemand Vertrauen von mir fordert. Ich denke sofort, dass ich es mit Betrügern zu tun habe, die mir wahrscheinlich nicht nur mein Mißtrauen, sondern noch viel mehr nehmen wollen. Klassischer paradoxer Effekt.