Verblendung

Ein spannender Film. Nach einem Buch von Stieg Larsson.


Ich habe bislang keines seiner Bücher gelesen, und da sie allseits hoch bejubelt werden und in hohen Türmen in Buchhandlungen zu finden sind, war mein Misstrauen hoch. Dann aber - im Kino - war das Ganze gute Unterhaltung.


Bei genauerem Hinschauen aber zeigten sich Schwächen. Nicht so sehr im Film, sondern in der Story. Ich erzähle sie hier nicht, um eventuellen Kino-Gehern nicht die Freude zu nehmen. Aber ein paar Einwendungen sind nicht zu vermeiden.


Zu den Hauptpersonen gehören die Mitglieder einer Unternehmerfamilie in Schweden. Stinkreich, viele alte Nazis (viel zu sehr dem Klischee entsprechend), die in ihrem Größenwahn abgefahren sind und vor Mord - ja, Massenmord - zwecks Erhöhung des Selbstgefühls nicht zurückschrecken.


Na ja...


Dass es Größenwahn und Realitätsverlust gibt bei Wirtschaftsgrößen, ist m.E. nicht zu bestreiten. Allerdings findet er sich meiner Erfahrung nach eher bei irgendwelchen Aufsteigern, die sich aus so genannten "kleinen Verhältnissen" nach oben gearbeitet haben. Altes Geld hat das nicht nötig. Die Mitglieder solcher Familien leiden ja meist nicht an Minderwertigkeitsgefühlen, die sie auf sadistische Weise kompensieren müssen.


Auch die Geschichte mit dem heimlichen zweiten Leben in einem Keller, in dem man seine grausamen Quälwünsche anderen gegenüber unerkannt umsetzen kann, findet man ehrr bei irgendwelchen in durchschnittlichen ökonomischen Verhältnissen lebenden heimwerkernden Campingplatzbesitzern und nicht bei den Repräsentanten des Großkapitals.


Da scheint mir der gesellschaftliche Background, vor dem Larssons Geschichte spielt einfach nicht passend dargestellt, sondern eher am Wunschdenken des klein- oder kleinstbürgerlichen Lesers orientiert, dem die Dämonisierung von "Denen-da-oben" hilft, sein schlichtes Schwarz-weiß-Weltbild aufrecht zu erhalten oder gar sich mit Hartz IV zu arrangieren.


Dass es eine Heldin gibt, die nicht diesen miefigen Vorstellungen entspricht und einen weißen Ritter, der für das Recht und die Unterdrückten der Welt gegen die Korruption etc. kämpft, dürfte die sozial Engagierten beruhigen. So entsteht eine sorgfältige Mischung, die mir erklärt, warum Stieg Larssons Bücher solche Renner sind.


Und ich habe den Film wirklich gern gesehen. Allerdings hat mich der Bösewicht bzw. die irgendwie dumme Konstruktion seiner Person dann enttäuscht.