US-Schuldengrenze

Für jeden, der sich für die Dynamik von Konflikten und die damit verbundenen Schwachsinnsformen interessiert, sind die USA wieder mal ein ein gutes Studienobjekt.


Der Streit über die Anhebung der erlaubten Schuldengrenze für den Staat zeigt die Verkrustung von Positionen, ja, die finstere Bereitschaft, um irgendwelcher Prinzipien und der Macht wegen in den Abgrund zu gehen (und in diesem Fall: die Weltwirtschaft mitzunehmen).


Da ich nicht als Vermittler in diesem Konflikt tätig bin, sondern als außenstehender Beobachter, sehe ich diese Situation durchaus parteilich (was zugegebenermaßen nicht hilft):


Die Republikaner haben seit ihrem Tea-Party-Sieg im vorigen Jahr und der damit verbundenen Mehrheit im Repräsentantenhaus ein Vetorecht gegenüber jeder Lösung. Der Präsident hat keine parlamentarische Mehrheit, um seine politischen Ziele oder auch nur einzelne Entscheidungen wie die über die Anhebung der Schuldengrenze zu treffen.


Da es offensichtlich darum geht, den Präsidenten als regierungsunfähig erscheinen zu lassen, wird verhindert, dass die Regierung Entscheidungen trifft oder durchsetzt. Eine totale Blockadepolitik ist die Konsequenz. Es geht dabei also nie oder nur selten um Inhalten. Es werden Prinzipien formuliert, die - ohne jede Rücksicht auf ihre pragmatische Sinnhaftigkeit - vertreten werden. Angeblich, um den Staat auf eine tragfähige ökonomische Basis zu stellen, wird die Volkswirtschaft (und die Weltwirtschaft) in ihrer Funktionsfähigkeit behindert, der Staat wird dadurch weniger Geld haben, in Zukunft weit mehr Schulden haben, als wenn er sich jetzt Geld borgen würde usw.


Als Europäer, der das von außen sieht, kann ich so viel Idiotie kaum aushalten.


Auf der anderen Seite: Ich kann mich auch bestätigt fühlen, denn in meinem Konfliktbüchlein habe ich diese Dynamik ung ihre autodestruktiven Logik ja analysiert und dargestellt. Allerdings: das hatte ich auch schon bei meinem Kriegsbuch getan, ohne dass es irgendwelche kriegsverhindernden Folgen gehabt hätte. Schreiben ist offenbar doch keine sehr wirksame Interventionsmethode.


Zu welcher Strategie kann man Obama raten?


Er sollte die von Juristen als problematisch, aber theoretisch mögliche Befugnis ausüben, autonom die Schuldengrenze zu erhöhen (auch wenn dies evtl. später von Gerichten zurückgenommen werden könnte). Der Bankrott des Staates würde verhindert, der Präsident würde seine Regierungsfähigkeit zeigen, so dass seine Gegner nicht nur nicht ihr Ziel erreichen würden, sondern genau das Gegenteil...