Unternehmenskultur

Heute morgen möchte ich über Unternehmenskultur sinnieren. Eine Definition spare ich mir hier und biete allen interessierten Lesern das Link zu [Wikipedia](http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmenskultur). Jeder von uns kennt verschiedene derartige Kulturen, zumindest als Kunde. So wirbt zum Beispiel ein große deutsche Drogeriekette mit dem Slogan „Hier darf ich Mensch sein“ (was bei einer Bekannten von mir zu der Reaktion führte: „Darf ich das anderswo nicht?“). Mich spricht zwar nicht der Slogan an, aber die Kette. Dort kauf ich tatsächlich am liebsten ein auch im Vergleich zu verschiedenen Supermarkt-Ketten, die ja das eine oder andere Mal eine schlechte Presse bekommen haben. Der Grund meiner Präferenz liegt aber nicht nur darin, dass dort die Preise fair sind und gute Produkte inklusive einer Eigenmarke verkauft werden sondern eben auch die Atmosphäre angenehm ist.

Aber wir alle kaufen nicht nur in Supermärkten und Drogerien ein, wir gehen in Banken, Restaurants, betanken unsere Autos; einige von uns treiben Sport und kaufen Sportartikel, sind ökologisch korrekt und kaufen in Ökoläden oder –supermärkten ein und so weiter. Bewusst und unbewusst kommen wir hier gewissermaßen über die „Benutzer-Oberfläche“ verschiedener Unternehmen in Kontakt mit der Unternehmenskultur und deren Subkulturen in verschiedenen Filialen. Ich würde vermuten, dass es ihnen in diesem Punkt nicht sehr viel anders geht als mir: Manche Unternehmen (Läden, Restaurants, Tankstellen etc.) mögen Sie, andere nicht und in manchen Fällen ist es ihnen einfach egal, da bestimmt der Preis und/oder der Standort die Wahl. Wie nehmen wir diese unterschiedlichen Kulturen wahr? Welches sind unsere Kriterien?


Diejenigen von uns, die als Berater oder Trainer tätig sind, kommen auch mit dem kulturellen Betriebssystem in Berührung (einige wird dieser metaphorische Vergleich zu Computern stören, schließlich sind Unternehmen etwas deutlich anderes, ich weiß, finde es aber irgendwie dennoch passend). Und da gibt es zum Teil erhebliche Differenzen zwischen dem, was den Kunden begegnet und was in der Firmenleitung und –verwaltung gelebt wird. Und es gibt in großen, teils weltweit operierenden Unternehmen, auf neudeutsch Global Playern, Subkulturen, die manchmal quer zu einander stehen. Diese ohnehin komplexen Gebilde, die kein Mensch mehr zu durchblicken vermag, werden durch monströse Fusionen noch gigantischer, wie beispielsweise bei den angestrebten Fusionen der Energielieferer E.on und Endesa oder der Stahlunternehmen Mittal und Arcelor. Im Moment steht bei einer kritischen Betrachtung dieser Entwicklung eher die Frage im Vordergrund, wie viel Freiheit oder Regulation der Markt braucht (Dohmen, F. u. H.J. Schlamp (2006): Im Rausch der Fusionen. Spiegel 10: 92-94). Über die mit solchen Fusionen verbundenen kulturellen Probleme wird in der Öffentlichkeit wenig diskutiert. In wenigen Jahren sollen über Jahrzehnte gewachsene Unternehmenskulturen verschmelzen. Dass der Soft-Faktor „Unternehmenskultur“ dabei jedoch eine wesentlich größere Rolle spielt, als den Entscheidern im Topmanagement lieb ist, wird durch das Scheitern der meisten Fusionen dokumentiert. Das Entscheidende scheint mir aber weniger, was denn nun wichtiger sei, Hard- oder Soft-Facts; vielmehr ist Unplanbarkeit das Phänomen, was im Größenrausch so manches Topmanagements vergessen wird. Wie in den bisherigen Beiträgen und Kommentaren angeklungen: Das Kontroll-Paradigma ist weiterhin lebendig, wir kontrollieren die Natur und selbstverständlich auch den Werdegang von Unternehmen und deren Kultur, auch wenn diese 70, 100 oder 200.000 Mitarbeiter haben, die über die ganze Welt verstreut in vollkommen unterschiedlich operierenden Binnenmärkten und Landeskulturen arbeiten.


Über die großen rechtlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen wird die Bedeutung der Kultur häufig vergessen. Aber sie ist es, die letzten Endes neben der Eigenverantwortung einen erheblichen Einfluss darauf hat, ob ein Mensch morgens aufsteht und sich auf seine Arbeit freut oder lieber liegen bleiben möchte. Sie hat einen Einfluss auf den Krankenstand und damit auf berechenbare betriebswirtschaftliche Daten. Sie hat einen Einfluss auf die Fluktuation von Mitarbeitern und die dadurch entstehenden Kosten.


Wie entwickelt sich Unternehmenskultur? Wie steuerbar ist diese Entwicklung? Welche selbstorganisierenden Prinzipien wirken sich gestaltend aus?


Ihnen einen schönen Donnerstag,

Andreas Zeuch