Universitätskarrieren

Einer der von mir am meisten geschätzten Soziologen ist Diego Gambetta. Er hat Anfang der 90er Jahre ein bahnbrechendes Buch über die Mafia geschrieben. Jetzt hat er ein neues Buch publiziert: "Codes of The Underworld. How Criminals Communicate."


Dass er in diesem Zusammenhang auch die Art, wie man in italienischen Universitäten Karriere macht, thematisiert, ist eigentlich Aussage genug. Trotzdem ein paar Details:


In Italien gibt es an den Unis sogenannte "Barone", d.h. mächtige Professoren. Sie sitzen in Berufungskommissionen, entscheiden über Ressourcen usw. Sie sind, mit anderen Worten, erfolgreiche Politiker. Dass sie meist fachlich nicht sonderlich gut sind und wenig publiziert haben, vor allem nichts Originelles etc., hat u.a. damit zu tun, dass man generell nicht viel Zeit für Wissenschaft hat, wenn man erfolgreich Politik betreiben will. Und dass an Politik interessierte Menschen wahrscheinlich andere Typen sind als an wissenschaftlichen Inhalten interessierte...


Fatal für die Universtiäten wird das Ganze, da durch die Macht, die sie über Karrieren haben, auch nur der innerhalb der Uni erfolgreich sein kann, der fachliche Inkompetenz als Erfolgsstrategie zu nutzen lernt. Nur dadurch, dass gegenseitige Abhängigkeiten geschaffen bzw. demonstriert werden, funktioniert das Netzwerk des Sich-gegenseitig-Vorteile-Zuschanzens. Wer dazu gehören will, muss seine Inkompetenz demonstrieren. Die Erklärung ist einfach:


Wer fachlich gut ist, und deswegen einen Karriereschritt macht, wird darauf nicht mit Dankbarkeit denen gegenüber reagieren, die ihn befördert haben. Denn er schreibt diesen Schritt sich bzw. seinen Leistungen zu. Nur wer nicht wirklich oder wirklich nicht qualifiziert für den Job ist, entwickelt die nötige Dankbarkeit, um als zuverlässig und loyal angesehen (und deshalb berufen) zu werden.


Wenn man in seinem Fachgebiet erfolgreich ist, so muss man dies verbergen. Wer das nicht schafft, kommt nicht umhin, sich dafür zu entschuldigen. Denn wer richtig gut ist, der kann weggehen. Und wer weggehen kann, ist zu unabhängig, um sich in ein Netz gegenseitiger Loyalitäten einspinnen zu lassen. Also werden unabhängige Menschen nicht berufen.


Das gilt natürlich alles nur für Italien und Universitäten, und da auch nur dort, wo beide korrupt sind...