Über einige Wirkungen des Geldes

Geld ist praktisch, das ist nicht zu bezweifeln (was man vor allem merkt, wenn man welches hat).


Es kann als Tauschmittel benutzt werden, das ermöglicht, dass jeder mit jedem im Prinzip "ins Geschäft" kommen kann. Es fungiert als Aufbewahrungsmittel von Wert, als Gedächtnis einmal erbrachter Leistungen, das auch in späteren Zeiten noch die Erinnerung daran aufrechterhalten usw.


All dies sei hier unbestritten. Worauf es mir ankommt, ist einen Spezialaspekt der Funktion von Geld zu analysieren, der m.E. die Wirkungen, wahrscheinlich aber auch die Ursachen des Primats, den die Ökonomie in unseren gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen gewonnen hat, zu erklären. Es ist - wenn man so will - eine nicht-beabsichtigte Nebenwirkung der Nutzung von Geld als Kommunikationsmedium.


Die Wirkung von Geld auf soziale Beziehungen ist m.E. am besten am Beispiel zwischenmenschlicher Beziehungen zu analysieren . Um dies auf die Schnelle zu demonstrieren (mehr als zu analysieren) soll der Blick auf den Unterschied zwischen privaten, d.h. persönlichen, und kommerziellen Beziehungen gerichtet werden.


In privaten Beziehungen gibt es so etwas wie Geben und Nehmen und die Beziehung wird auf das Gleichgewicht von beidem hin beobachtet. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte Generationenvertrag, nach dem zunächst die Eltern den Kindern geben, um dann später von den Kindern zu nehmen (oder so ähnlich). Auch in Zweierbeziehungen pendelt sich in der Regel so etwas wie eine Balance des Gebens und Nehmens ein - genannt Reziprozität.


Das Ganze funktioniert aber nur weil bzw. unter der Voraussetzung, dass die Beziehung über längere Zeit erhalten bleibt. Wenn das nicht der Fall ist, läuft derjenige, der gibt, immer das Risiko, dass er nichts als Gegenleistung erhält,weil sein Gegenüber verschwindet oder vergisst, was er für ihn getan hat...


Hier tritt die Wirkung des Geldes zutage. Wer einem anderen etwas Gutes tut (z.B. einen Dienst erweist) und dafür mit Geld als universellem Tauschmittel entschädigt wird, der kann die Beziehung zu dem anderen ohne Bedenken beenden, weil er ja schon seine Gegenleistung erhalten hat.


Um es auf eine Formel zu bringen: Geld ermöglicht es, von Beziehungen und von der Zukunft und Vergangenheit zu abstrahieren. Geld ist das Musterbeispiel der Abstraktion vom sozialen Kontext.


Der Begriff der "Finanzen" leitet sich von finis = Ende ab. Geld ermöglicht die Begrenzung des Kontaktes, eine Kommunikation, die hoch selektiv auf eine einzelne Transaktion fokussiert ist: den Handel = Kauf/Verkauf oder Zahlung/ Zahlungserhalt.


Wer sich auf diese Form der Kommunikation einläßt, braucht sich nicht für soziale Strukturen zu interessieren, er braucht kein Vorwissen, kein kulturelles Dazugehören etc., um mitspielen zu können. Das macht Geld zum großen sozialen Gleichmacher, zum Lieferanten der Chancen und Hoffnungen auf Aufstieg usw.


Die Entkopplung von sozialen Beziehungen ist die Wirkung - ob man das nun positiv im Sinne der Flexibilität oder negativ im Sinne der Auflösung gegebener Strukturen bewerten mag - von Geld.


Und wenn die Ökonomie, die durch das Medium Geld strukturiert wird, zum Leitparadigma der Gesellschaft wird, so hat das eben die Wirkung, dass Strukturen aufgelöst werden.


Soviel mal auf die Schnelle (für Herrn Todesco)