Über das Kehren

Das ist also der Beginn meiner Kehrwoche. Ich heisse alle Mitlesenden herzlich willkommen!


Am Wochenende habe ich mich gefragt, was denn nun schreiben, womit beginnen? Ziemlich unspektakulär habe ich mich an ungeliebte Jugendtage erinnert, wo es Samstags Hof und Strassenrand zu fegen galt, Kehrwoche eben. Kennzeichen jener häuslichen Kehrwoche war damit vor allem, den eigenen Dreck wegzukehren und somit nach aussen hin den Anblick einer sauberen, aufgeräumten Behausung zu geben. Den aber widerspricht, wie mir scheint, die Carl-Auer-Kehrwoche: Egal, was denn nun gekehrt werden mag, weggekehrt ist es danach ja nicht, im Gegenteil: Die Dinge werden hervorgekehrt und vielleicht müssen es auch nicht notwendig nur der ganz private, eigene „Dreck“, die eigenen Angelegenheiten, sein, sondern auch öffentliche Dinge.


In diesem Sinne eröffne ich meine Kehrwoche mit einer kleinen Kehre zurück. Ich frage mich zur Zeit, wie sehr unsere Alltagsstrategien, unsere Weltanschauungsweisen und unsere Umgangsweisen miteinander mit früheren Lernerfahrungen verknüpft sind. Das heisst für mich natürlich als zeitweiligen Batesonleser und -schreiber, wie sehr kindliches Lernen II, also das Lernen von Situationen und Kontexten, im Erwachsenen weiter fortlebt. Das meint sicherlich nicht unbedingt das „Kind im Manne“ oder das „Kind in der Frau“, sondern ist vielmehr eher in einer strukturellen Hinsicht zu verstehen im Sinne von Weisen der Weltordnung.


Dabei fällt mir auf, dass wir zumindest in unseren Redensarten eher Kinder in Männern vermuten als Kinder in Frauen; bzw. in letzteren dann eher Kinder tatsächlich anwachsen, in ersteren dagegen habituell zu verharren scheinen. Ist das tatsächlich so? Oder kennt jemand diese Redensart auch anders? Ich kenne eigentlich eben nur das Kind im Manne. Nun aber: Welcher lesende Mann würde denn verneinen, dass es ein „Kind im Manne“ gäbe und welche lesende Frau würde einstimmen, „Ja, in mir ist auch ein Kind und das hat definitiv nichts mit Schwangerschaft zu tun“? Warum die Frage? Vermutlich, weil ich beim Kind ans Spielen denke, obwohl diese Entsprechung ja gar nicht so ganz stimmt. Erwachsene Säugetiere spielen ja offensichtlich ebenso gerne wie erwachsene Menschen. Und beim Erwachsenen boomt ja die Spielebranche – Hauptnutzer diverser Online-Computerspiele sind ja offensichtlich eher die Dreissigjährigen als die Fünfzehnjährigen. Aber die eigentliche Frage bei all diesem, wie sie mir die ganze Zeit über im Hinterkopf schon herumgeistert, lautet: Was hat das alles mit weltweit agierenden Politikern einer gewissen Supermacht zu tun? Ist doch irgendwie komisch, da macht ein jeder einen Führerschein, wenn er Auto fahren möchte, aber wenn jemand einen Staat lenken will, genügt es (z.B. in den USA), dass er einen ordentlichen Lebenswandel führte (was immer das auch sei) und dass er genügend Finanzgeber für Wahlkämpfe und am Ende genügend Stimmen für sich versammeln konnte. Oder dass er (oder sie) sich parteiintern irgendwie durchsetzte und somit „bewährte“. Wenn das eine politische Fahrprüfung ist, kann es kaum verwundern, dass wir uns so häufig über unsere Politiker in Nah und Fern verwundern.


Damit ist ein bisschen etwas hervorgekehrt. Jetzt liegt es also gewissermassen auf der Strasse. Tatsächlich: Kehrwoche verkehrt. Ob das gut ist?