TTIP

Geheimverhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Kommission über ein Freihandelsabkommen (TTIP). Da muss man misstrauisch sein. Denn die USA bzw. ihre Vertreter in diesem Gremium sind zu nahezu 100% von der Lobby der großen global agierenden Konzerne gesteuert; und die europäischen kaum weniger. Und die wollen nicht gern ihre Aktivitäten reguliert sehen.


Überhaupt beruht ja die anglo-amerikanische Wirtschaftsideologie darauf, dass unregulierte Märkte angeblich zu den intelligentesten Entscheidungen führen. Aber das ist eben nur eine Ideologie. Der Blick auf die Logik der Selektionsmechanismen sozialer Strukturen zeigt, dass auf unregulierten Märkten stets das Recht des Stärkeren gilt. Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen - wie es in der Bibel heißt. Wer nur in Individuen und ihren Entscheidungen denkt ("There is no such thing as society", M. Thatcher), braucht noch nicht einmal bösartig zu sein, um nicht zu merken, was er mit solchen Deregulierungen anrichtet: Blödheit reicht.


Dass nach den bislang bekannt gewordenen Ideen dieses Abkommens in Zukunft Konzerne Staaten verklagen können, wenn sie Gesetze erlassen, welche die Profite dieser Unternehmen beschneiden (worüber man ja im Sinne des Investitionsschutes reden kann), aber diese Klagen nicht vor ordentlichen Gerichten, sondern vor Hinterzimmer-Schiedsgerichten verhandelt werden, ist gleichzusetzen mit der Abschaffung des Rechtsstaates. Solche Ideen sind entwickelt worden für die Beziehung zwischen Unternehmen und Nicht-Rechtsstaaten (z.B. der BRD und Pakistan). Da mag das ja angehen. Aber zwischen den USA und der EU: no way!


Und dann kommt da noch - aus der Sicht des Büchernarren besonders kritisch zu beurteilen - die Deregulierung des Buchmarktes hinzu, z.B. die Abschaffung der Buchpreisbindung. Das bedeutet das Ende der Buchhandlungen. Wie in der USA werden dann im besten Fall noch ein oder zwei große Ketten neben Amazon überleben können. Und dann werden auch nur noch potentielle Bestseller gedruckt. Eine Verarmung unserer kulturellen Vielfalt wie auch der städtischen Infrastruktur, die zur weiteren Verödung der Innenstädte à la USA beitragen dürfte.


Als Argument für das Abkommen scheint mir bislang am plausibelsten, dass die USA sicher mit China solch ein Abkommen abschließen werden, wenn sie dies nicht mit der EU tun können. Folge: Die weltweiten Standards - z.B. für die Qualität von Produkten, Lebensmittel etc. - würde dann von den unterirdischen chinesischen Vorgaben geleitet, nicht von den höheren europäischen... Allerdings scheint mir eine Insel von der Größe Europas durchaus in der Lage, seine speziell europäischen Kultur- und Qualitäts-Standards auch gegen den Rest der Welt zu erhalten. Dies könnte sogar zur Attraktion werden (wie Solinger Messer in China).