Trip to Asia

Die Berliner Philharmoniker waren auf Tournee in Asien, und im Kino läuft zur Zeit eine Dokumentation dieser Expedition.


Sie treten in Peking, Seoul, Schanghai, Taipeh, Hongkong und Tokio auf, man begleitet sie bei dieser Reise, erfährt viel über einzelne Musiker das gruppendynamisch und organisationstheoretisch interessante Modell dieses Orchesters, über die Macken von Musikern, die Geheimnisse der Führung und hoher Leistung etc.


Die Philharmoniker haben ja ein Gesellschaftsmodell, das mir irgendwie genossenschaftlich erscheint (ich kenne die Rechtsform nicht). Sie gehören sich selbst, suchen sich die neu hinzukommenden Musiker und ihren Chefdirigenten selbst aus. Ein schönes Beispiel, dass Basisdemokratie funktionieren kann. Denn erfolgreich sind sie ja.


Das Geheimnis scheint zu sein, dass alle die Musik wichtiger nehmen als sich jeweils selbst. Auf diese Weise haben sie eine sachliche Hierarchie etabliert, die nicht personenbezogen ist und der sich jeder dieser - sicher nicht einfachen - Menschen unterordnen kann, ohne dabei in narzisstische Krisen zu stürzen. Das gilt auch für den Chefdirigenten (zur Zeit Simon Rattle). Er muss stark und fachlich top sein, sonst wird er nicht akzeptiert. Aber er darf auch nicht auf dem Ego-Trip sein, das würden ihm die Musiker nicht verzeihen. Und schließlich bestimmen die, wie gut er ist. ("Was hat Karajan denn dirigiert?" wurde einst der erste Geiger der Philharmoniker gefragt - "Das kann ich ihnen nicht sagen, ich weiss nur, was wir gespielt haben!" war seine Antwort.)


Also: Wer etwas über Führung von Hochleistungsteams und -organisationen erfahren will, sollte sich diesen Film ansehen.


Wie schaffen es hundert egozentrische Menschen, die jeder für sich Spitzenleistungen auf ihrem Instrument bringen, sich so in eine größere Einheit zu fügen, dass ihr individueller Beitrag nicht mehr für den Zuhörer erkennbar ist. Die Kunst ist, sich unter 16 Geigern nicht (!) hervorzutun. Das ist die große psychische Anforderung an alle.


Was ich berührend fand - und vielleicht ist das die Erklärung dafür, dass es den Musikern gelingt, sich so zurückzunehmen -, ist, dass viele der Musiker offenbar eine ziemlich unglückliche Kindheit hatten. Sie waren Aussenseiter, haben gestottert und keiner hat mit ihnen gespielt. Ihre Liebe haben sie dadurch erhalten, dass sie gut Violine gespielt haben... und das tun sie jetzt zur Perfektion. Und jetzt können sie es genießen, in der Gesamtheit aufzugehen, "eins mit dem Kosmos..."