Tiger-Mutter  = Idiotin

Zur Zeit wird in allen Medien das Buch einer Jura-Professorin aus Yale diskutiert. Sie ist gebürtige Chinesin und proklamiert chinesische Erziehungsmethoden, die versprechen, Kinder zu "Siegern" zu machen.


Ich habe das Buch nicht gelesen, sondern nur ein Interview mit der Autorin gesehen. Mir scheinen ihre Methoden nicht wirklich empfehlenswert, denn sie sind es, die zwar ein paar Tausend Jahre funktioniert haben, aber seit Beginn der Industrialisierung China an den Abgrund und zu seiner Kolonialisierung geführt haben.


Was sie vorschlägt ist ein strenges Drill-Regime, das Kinder weder mit anderen Kindern spielen läßt noch ihnen verzeiht, wenn sie in irgendeiner schulischen Disziplin die Nummer 2 sind (oder so ähnlich). Wenn sie nicht spuren, dann müssen sie z.B. 2000 Rechenaufgaben erledigen oder ihnen wird mit dem Verbrennen der Kuscheltiere gedroht.


Ich habe schon viele Idioten kennen gelernt, aber dies Professorin gehört sicher in die Spitzenklasse (zur Definition von Idiot verweise ich auf einschlägige Lexika).


Dass sie es zur Jura-Professorin gebracht hat, spricht sowohl gegen die Universität Yale wie gegen die Kriterien juristisch-akademischer Karrieren. Doch zufällig ist ihr Erfolg in diesem Ambiente sicher auch nicht. Er hat wahrscheinlich dieselben Gründe, die auch China in der Geschichte haben scheitern lassen:


Was Frau Chua predigt, ist das Prinzip, nach dem Mandarine ausgebildet wurden. Sie mußten einen Wissenskanon auswendig lernen, um die schweren Prüfungen zu bestehen, die für die individuelle Karriere im Kaiserreich sorgte. Um dies zu schaffen, war viel Fleiß und Wiederholung von Nöten, aber keine Kreativität. Dies ist die Methode, wie ein bestehendes (autoritäres) Regime eine bestehende soziale Struktur stabilisiert. Entwicklung ist hier nicht nur nicht möglich, sondern sie wird systematisch verhindert. Anpassung an eine gegebene Ordnung ist das oberste Erfolgsprinzip. Pauken, pauken, pauken. Nichts erfinden, sondern kopieren.


Dass man damit ziemlich weit kommen kann, wenn man einen Wissensrückstand hat, wie dies von China in den letzten 30 Jahren bewiesen wurde, steht außer Zweifel. Dass damit die Zukunft gewonnen werden kann, für die es noch keinen etablierten Wissenskanon und keine vorgegebenen Erfolgsprinzipien gibt, scheint mir sehr zweifelhaft. Juristen müssen nicht neue Gesetze erfinden, sondern alte Gesetze / Präzedenzfälle bzw. ihre jeweils aktuelle Auslegung kennen. Deswegen haben Repetitoren bei Jurastudenten solch einen Erfolg. Auch Musiker müssen üben, üben, üben...


Aber die großen Erfinder in der Menschheitsgeschichte waren meist nicht in erster Linie fleissig. Sie gönnten sich Muße, trafen mit anderen, sie anregenden Menschen zusammen, gingen eigensinnige Wege. Und oft verfügten sie nicht über das etablierte Wissen - sonst wären sie wahrscheinlich nicht auf ihre bahnbrechenden neuen Ideen gekommen...


Was die Tiger-Mutter ihren Kindern sicher auf ihre Weise nicht vermitteln kann, ist eine breite soziale Kompetenz (außer vielleicht in kompetitiven Situationen oder im Umgang mit Autoritäten). Und dass es chinesischen Kindern mit solchen Erziehungsmethoden nicht gut geht, kann jeder bestätigen, der schon einmal in China Familientherapie betrieben hat. Kinder suizidieren sich im schlechtesten Fall wegen schlechter Noten und im besseren Fall kehren sie die Machtbeziehung um und tyrannisieren ihre Eltern usw.


Erschreckend finde ich nicht so sehr, dass sich hier eine offensichtlich beschränkte Mutter mit ihren abwegigen Erziehungspraktiken outet (soll sie doch machen, Meinungfreiheit etc..), sondern dass in den USA und auch bei uns solch ein Schmarrn auf offene Ohren und Zustimmung trifft. Ich kann natürlich keine Eltern davon abhalten, so mit ihren Kindern umzugehen, aber mir wäre es schon ein Anliegen, wenn solche Methoden nicht zum durchschnittlichen Erziehungsstandard würden. Denn, was wird aus einem Gemeinwesen, in dem jeder (Kind wie Erwachsener) nur dann von seiner Mutter in Ruhe gelassen wird und spielen gehen kann, wenn er die Nummer 1 ist?


Antwort: Eine Gesellschaft von Versagern, denn es gibt halt in jedem Bereich - wenn man denn glaubt, Qualitäten meßbar machen zu können - immer nur eine Nummer 1. Alle anderen sind dann Abschaum.


Wahrscheinlich ist die wirkliche Albtraum-Gesellschaft "Chimerika" - d.h. eine von amerikanisierten Chinesen gestaltete...