The times they are a-changin’

Es ist das Jahr der großen Abschiede. Meine Verabschiedung habe ich ja bereits erwähnt, aber auch andere Damen und Herren kommen ins Pensionsalter (Joan Baez, Edmund Stoiber, Bob Dylan), einige können los lassen, andere machen weiter (siehe die Rolling Stones: heute abend in Stuttgart ! ), wieder andere beenden ihre Karriere frühzeitig (Jan Ullrich, Floyd Landis). Obwohl wir bei letzteren ja noch nicht so sicher sein können, denn wie betonte Mutter Landis (wie Mütter nun mal so sind): „ ... ich werde keine Schlüsse ziehen, bevor ich nicht die Fakten kenne.“


Womit wir beim Thema wären: Die große Schleife (die Radsportfreunde wissen was ich meine) wird nie mehr so sein, wie sie mal war. Warum? Nicht wegen der Doping-Skandale, das wird schon irgendwie geregelt, wenn nur die jetzt geäußerten Empörungen aller Beteiligten wieder verklungen sind (d.h. jetzt wird geregelt: Wie heute der FR zu entnehmen ist, hat Stoiber (s.o.) seine Justizministerin und seinen Kultusminister beauftragt, „Grundlagen dafür auszuarbeiten.“ Stoiber: „ ... dringender Handlungsbedarf .... Es geht um die Glaubwürdigkeit und die Sauberkeit im Sport.“). Also die Tour wird nicht mehr so sein wie früher, weil noch jemand in den Ruhestand geht, eine der großen Reporter-Legenden. Nein, wieder falsch, ich meine nicht Heribert Guten-Abend-Allerseits Fassbender, der ist zwar 65, aber er hat sich, im Gegensatz zu den Stones schon zurückgezogen. Ebenfalls in den vorgezogenen Ruhestand geht Herbert Ja-Bekanntlich Watterott, er hat ein letztes Mal von der Tour berichtet und es wird schwer sein ihn zu ersetzen, obwohl die Nachwuchshoffnung Florian Naß bereits gut von ihm gecoacht wird. Mein Gott, was weiß dieser Reporterveteran alles, nicht nur vom Radsport (zwar auch nicht viel von Doping, auch nicht von Glaubwürdigkeit und Sauberkeit in der Politik, da hätte man sich ja revanchieren, können, weil, so Stoiber „Staat und Sport Hand in Hand“...). Aber von allem anderen weiß H. W. ein bisschen und von jedem bisschen weiß er alles, z.B.: “Ich erinnere mich an Edy Schütz – Brillenträger, ganz wenig Haare auf dem Kopf, aber der konnte fahren wie der Teufel.“ Auch wenn es um Kunst, Kultur und Kulinarisches geht: „Hier sehen sie die romanische Kirche aus dem 7. Jahrhundert, in der ja bekanntlich (!) bereits Victor Hugo seine ersten religiösen Erfahrungen....“ (geschenkt, Herbert, das weiß man doch) oder „Wenn sie einmal hier in den Pyrenäen Rast machen, sollten sie unbedingt Ortolane in Weißweinsauce , die hiesige Spezialität probieren.“ (Aufpassen, Herbert, hast Du sie schon mal probiert? Bei den Ortolanen handelt es sich ja bekanntlich (!) um eine kleine, vom Aussterben bedrohte Vogelart, die Fettammer, die in der genannten Gegend nach dem Fang in Alkohol ertränkt und dann gerupft wird.) Herbert W. heißt in Fachkreisen auch „Speiche“, ob das sich nun auf seinen Gedächtnisspeicher bezieht (extern oder intern) oder auf sein Wissen über die Einzelteile des Rennrads, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bewundere diese Wissensleistung mehr als den sagenhaften Etappenerfolg von Floyd Landis nach „2 Bier und mindestens 4 Whiskey“ (schließlich haben die Franzosen nicht das deutsche Reinheitsgebot für Bier, das ja bekanntlich(!) im Jahre 14....) und deshalb wird auch für mich nichts mehr so sein wie früher, da Speiche das letzte Mal aus „dem radsportbegeisterten Land“ von der „Tour der Leiden“ berichtet hat. Ich kann nur hoffen, dass sein Nachfolger F. Naß einen ähnlich guten Partner finden wird, mit dem er sich ebenso gekonnt in der Berichterstattung abwechseln kann. O-Ton H.W.: „Und nun sind wir in Chambéry, in der kleinen Industriestadt der Savoyen, in der ja bekanntlich etwas produziert wird, was jeder Mann in der Hosentasche tragen sollte“....(????) .... „das Opinel-Messer“.... und etwas später, das Peleton hat den Ort noch nicht wieder verlassen, ergänzt F.N. „Und ruckzuck macht dieses scharfe Messer aus einem schmackhaften Steak zwei Teile.“


Spätestens jetzt würde meine Kollegin Angela ja bekanntlich fragen: „Warum erzählt er (K.L.H.) das alles?“ Nun, zum einen ist Abschied mein roter Faden, des weiteren beginnt jetzt die Deutschland-Tour (heute ab 14 Uhr Herbert Watterott (!) bei der ARD-Berichterstattung) und schließlich müssen wir so langsam mal zukunftsträchtige Lösungen vorschlagen. Mein Vor-Blogger A. Pfannenschwarz hat in der letzten Woche ja bekanntlich die Einführung einer Pharma-Liga als Utopie vorgeschlagen. Zu meiner Utopie bin ich durch Speiche selbst angeregt worden. Neulich war er in einer Talkshow, leider habe ich vergessen in welcher, und der Moderator bat ihn, doch noch einmal, improvisiert, die letzten 1000 Meter, also vom „roten Teufelslappen, dem flamme rouge, wie die Franzosen ja bekanntlich sagen“ bis ins Ziel zu kommentieren. Es war ein Ereignis! Vor meinem geistigen Auge erstand das Ende einer „extrem nervösen Etappe“ in der „viel Bewegung im Feld“ war, ich spürte mein Herz schneller schlagen (Achtung, auch heute ist so gegen 17 Uhr wieder mit einer „Massenankunft“ zu rechnen!)


Warum nun nicht diesen O-Ton aufnehmen, all die anderen Konserven mit dem gesammelten Wissen in eine, was sage ich: in *die* große Endlos-Schleife bringen und dann, da es sich ja nicht um Hörfunk, sondern um Fernsehen handelt, eine Computer-Animation gestalten, in der mit einem Zufallsgenerator der Verlauf der Etappen programmiert wird – und dies dann alle Jahre wieder ins Programm nehmen. Also so ganz zufällig sollte es dann doch nicht sein: Die Sponsoren, die ihre Werbeminuten zahlen, können mitbestimmen, wer wann, wie und wie lange im Bild gezeigt wird, andere Interessenverbände sollten beeinflussen, bei wem später Doping nachgewiesen wird. Und ein Zufallsgenerator sollte dann Kommentatoren auswählen, die von Begeisterung bis Entrüstung all die Statements abgeben, die wir so in den letzten Wochen vernommen haben, bevorzugt von Udo Ja-Gut Bölts, Edmund Hand-in-Hand Stoiber und Erik Was-Heißt-Hier Zabel. Alle müssten doch zufrieden sein, die Sponsoren, die Fahrer, die Berichterstatter, die Fernsehzuschauer, nicht zuletzt die Politiker. Und die „radsportbegeisterten Franzosen“ könnten endlich wieder selbst aufs Fahrrad. Und wenn man dann (alle 14 Tage sonntags) mit dem Formel I- Rennen nachziehen würde - auch da sind die Kommentatoren Spitze, - hätte der eine oder andere von uns das gute Gefühl, auch etwas für die Umwelt und die Gesundheit der Sportler getan zu haben (Entschuldigung, ich vergaß das heutige Jubiläum: Vor 30 Jahren flog Niki Lauda auf dem Nürburgring aus der Kurve). Die Dummen wären nur mal wieder die Ortolane.


Ihr fragt sicher, liebe kleine aber feine Tante Klara-Fan-Gemeinde: was hat das alles mit ihr zu tun? Nun, ich meine mich zu erinnern, dass sie mir mal ein Bild von ihrem Konfirmationsunterricht gezeigt hat. Und sie deutete auf einen Jungen in kurzen Hosen und sie sagte: „Der hier, das war Herbert, wir nannten ihn nur "Speiche", - wenig Haare auf dem Kopf, Brillenträger, er beherrschte immer als erster die Sprüche. Aber Rad fahren konnte der wie der Teufel.“