Tenniszentrierte Systemtheorie

Heute (Mi – ich schreibe diese Blogs immer um die Tageswende…) war, wie immer Mittwochs, Tennis. Doppel (da muss man etwas weniger laufen…, was relevant ist, wenn man nicht mehr 72kg wiegt…). Mal wieder verloren, obwohl die Gegner „eigentlich“ schwächer waren und wir im 3. Satz bereits 5:3 geführt haben. Aber mir fehlt der „Killerinstinkt“: Wenn ich führe, werde ich nachlässig. Jedenfalls bin ich deutlich besser wenn ich am Verlieren bin und aufholen muss – da gewinne ich dann manchmal fast „aus Versehen“ (erinnert mich ein wenig an die deutsche Fussballmannschaft…).


Jedenfalls haben wir den 3. Satz im Tie-break 5:7 verloren. Da spielt man nun rund 2 Stunden – klares Führen, klares Zurückliegen, und dann wird´s immer enger. Letztlich hängt das gesamte Ergebnis von einem einzigen Ball ab. (Dieses blöde Ding tanzte in der Tat auch noch auf der Netzkante - um dann gehässigerweise auf der falschen Seite herunter zu fallen). Aus ! Spiel verloren!

**Aber zumindest ein Thema für den heutigen Blog gewonnen:**


Denn natürlich berührt dieses Geschehen die tiefsten Tiefen der Systemtheorie:

Lange bringen „große Ursachen“ (wie „großartige Schläge“ und spektakuläre Punkte) fast gar nichts. Aber dann: Eine winzige und vergleichsweise zufällige Wendung hat einen riesigen Effekt (wäre der Ball von der Netzkante auf der „richtigen“ Seite – von mir aus – heruntergefallen…)

Scheinbar dasselbe – ein Punktgewinn, oder gar ein Ball auf der Netzkante – bedeutet je nach vorherigem Verlauf eben nicht dasselbe. Geschichtlichkeit spielt eine Rolle. Inzwischen eine geradezu triviale Erkenntnis - nicht nur der Systemtheorie sondern, durch diese sensibilisiert, fast jedes Menschen: Wir alle wissen, dass Entwicklungsverläufe selbst in vielen einfachen materiellen Systemen (Benard-Instabilität, Laser, dissipative Strukturen) und erst recht in lebenden Systemen typischerweise von nicht-Linearitäten bestimmt sind…


**Wir alle ??**


Ich vergaß die „richtigen“ Wissenschaftler, die z.B. im G-BA (Gesamt-Bundesausschuss) und in anderen Gremien u.a. über die Zulassung von Psychotherapie in der BRD entscheiden. Da wird nur RCT und EBM als „wissenschaftlich“ anerkannt – d.h. reine Ursachen wirken geschichts- und biographielos (mit Ausnahme von Diagnostik) linear auf etwas ein. Die Entscheidungen über die Psychotherapieformen im 21. Jahrhundert werden aufgrund von Modellvorstellungen entschieden, die aus dem 19. Jahrhundert stammen.


Dann lasse ich dann doch lieber Mittwochs die Netzkante und den Zufall entscheiden. Da behauptet wenigstens niemand, das sei „wissenschaftlich“.