Synapsen

In Kino ist im Moment ein Film über Eric Kandel zu sehen. Er hat den Nobelpreis für Medizin für seine Erforschung der Physiologie von Gedächtnisprozessen erhalten. "Auf den Spuren des Gedächtnisses" heißt dieser Film, der eine Mischung aus privaten Erinnerungen der Hauptfigur (aus Wien geflohener Jude) und Darstellung seiner Forschungsergebnisse ist. Von der Kritik viel gelobt, nett anzuschauen, aber eigentlich nichts Neues, außer ein wenig Personenkult (der Herrn Kandel gegönnt sei, denn er hat ihn sich offensichtlich verdient).


Das im Blick auf die Hirnforschung für den gemeinen Zuschauer wahrscheinlich Spannendste ist die Tatsache, dass sich im Prozess des Lernens, durch die Erfahrungen, die wir jeden Tag machen, unser Gehirn anatomisch verändert. Synapsen werden neu gebildet, andere verkümmern. Die alte Diakasten-Metapher, nach der Informationen in einen Speicher gepackt werden - das Gehirn als Diakasten/Speicher -, und dieser Speicher dabei nicht weiter verändert wird, ist also nicht angemessen. Das Gehirn erklärt genauso wenig allein das Verhalten eines Menschen, wie seine Erfahrung als Teilnehmer an der Interaktion/ Kommunikation allein die Struktur seines Gehirns erklärt. Beides ist zirkulär verknüpft.


Die Konsequenzen sind - wenn man genau hinschaut - sehr radikal. Wenn wir miteinander umgehen, dann verändern wir gegenseitig unsere Gehirne. Das erklärt auch, warum wir manchmal den Umgang mit uns als Körperverletzung erleben, auch wenn uns physisch niemand antastet. Und Lehrer und Psychotherapeuten sollten z.B. - wenn sie schlecht arbeiten (aber wer soll das entscheiden?) wegen Körperverletzung angezeigt werden... Ich weiss auf jeden Fall jetzt genau, warum ich manchmal den Kontakt mit Menschen meide: Ich schütze mein Gehirn vor Lernprozessen, Synapsenbildung und anderen Auswüchsen...