Switchen wäre super

Ist es tatsächlich so, dass Frauen und Männer nicht zusammen passen? Ist die Vorstellung vom Glück zu zweit auf Dauer ein dauerhafter Selbstbetrug? Vielleicht ist es einfach an der Zeit, dass die Vorstellungen über eine „gute“ Ehe oder Beziehung verändert werden. „Friede beginnt innen, beginnt dort, wo ich meine eigenen Bedürfnisse nicht mehr verteufele und daher verdrängen muß.“ Die Psychoanalytikerin Jutta Voss benennt es klar: auch die unangenehmen, für Harmonieherstellung störenden und daher verbotenen Gefühle gehören zu meiner Innenwelt, nicht nur die übernommenen, anerzogenen und kulturell anerkannten Gefühle. In Bewusstheit zu leben sei schwieriger, beängstigender, anstrengender, dafür ganz sicher gewaltfreier und erwachsener. Wirkliche Emanzipation, nämlich gewaltfreie Beziehungsfähigkeit, sei ohne klare Bewusstheit nicht möglich.

In vielen Gesprächen sich und seinem Gegenüber näher zu kommen, in wacher Bewusstheit, ist ein erstrebenswertes Ziel. Es geht nicht darum, seinen Willen durchzusetzen, sondern sich und den anderen wahrzunehmen und dann im gemeinsamen Gespräch Mut zum Konflikt und Mut zur Lösung zu haben. Dazu gehören auch eine Wertschätzung des anderen und dessen Leben (damit meine ich nicht das (unbewusst) aufoktroyierte, sondern das unter bewussten Aspekten gewählte Leben) . Das ist leichter gesagt als getan. Vielleicht muß man auch alles einfach mal selbst erleben, um es besser nachvollziehen können (was aber aus nahe liegenden Gründen sehr schwer sein dürfte). Es wäre doch super, einen Tag mal das andere Geschlecht ausprobieren zu dürfen – mit allen Vor- und Nachteilen. Vielleicht wären da aber zwei Wochen als Minimum besser. Der Schriftsteller Manfred Mai hat mir heute erzählt, dass er zwar nicht ausschließlich Hausmann war, aber sich viel um die Kinder und den Haushalt gekümmert hatte, während seine Frau zum Arbeiten ging. Er habe größten Respekt vor allen, die ein solches Kleinunternehmen managen. Diese gelebte Erfahrung spiegelt sich in seinen Büchern wider. Vielleicht schafft er es ja auch ins Marbacher Literaturmuseum.