Steuerung durch Geld

Wo soziale Prozesse durch das Medium Geld organisiert werden bzw. sich organisieren, hat dies zur Folge, dass Beziehungen zwischen Menschen an Bedeutung verlieren, d.h. die Bindung zwischen ihnen abnimmt. Die Zugehörigkeit zu spezifischen sozialen Systemen (Familie, Stamm, Nation etc.) wird für das Überleben des Individuums weniger wichtig.


Positiv ist an dieser Entwicklung m.E. zu bewerten, dass die Autonomie des Einzelnen gestärkt wird (allerdings nur: wenn er Geld hat), negativ, dass er zunehmend isoliert wird bzw. sich isoliert.


Das alles hat schon Georg Simmel in seiner Philosophie des Geldes (1900) analysiert. Systemtheoretisch ist es auch logisch und ableitbar von der Funktion des Mediums Geld (s. Systemische Wirtschaftstheorie). Es wird aber auch durch Studien empirisch belegt, die in den USA unternommen wurden: Der durchschnittliche Amerikaner hatte im Jahre 1985 noch 12 bis 13 Personen, die er zu seinem engeren Bekanntenkreis rechnete, im Jahre 2005 waren es nur noch 2 bis 3 Personen (Smith-Lovin et. al. 2006, zit. n. Haesler 2011).


Ein Beleg dafür, dass der seit Reagan in den USA 8und zunehmend bei uns) herrschende Finanzkapitalismus sozial weitreichende Folgen hat... Und ein Hinweis darauf, dass die Familie bzw. die zwei bis drei Menschen, zu denen man als Einzelner eine engere Beziehung hat, in Zukunft an Bedeutung gewinnen dürfte (als Gegenentwurf zu einer ansonsten durchökonomisierten Welt).