Späti

Wenn man einen Westdeutschen fragen würde, was ein Späti ist, würde er wahrscheinlich antworten: Kosenamen für ein etwas entwicklungsverzögertes Kind.


Fragt man einen Ostdeutschen, so ist dem sofort klar, dass damit eines der sozio-ökonomischen Phänomene gemeint ist, das die alte DDR von der alten BRD unterscheidet: den so genannten "Spätkauf". Dabei handelt es sich um einen Laden, in dem man - wie der Name sagt - noch zu später Stunde seinen Schnaps einkaufen kann (und natürlich auch noch anderes). Diese Läden machen in der Regel mittags um 12 Uhr auf und schließen nachts um 2 oder 3 Uhr.


Da nachts um zwei auch in Ostberlin (wo es Dutzende dieser Läden gibt) nur wenig Leute notfallmäßig Waschmittel einkaufen, ist die Vermutung durchaus begründet, es handle sich hier um einen speziellen Service für Alkoholiker. In Westdeutschland gab und gibt es dafür die so genannten "Trinkhallen", "Büdchen" oder "Kioske", um die herum sich diejenigen trafen und treffen, die sich aneinander und am Alkohol wärmen wollen oder müssen. Aber diese Kioske schlossen/schließen in der Regel wie andere Läden, auch wenn einige an Sonn- und Feiertagen offen haben/hatten. Nachts um 2 sind und waren sie jedenfalls nicht geöffnet.


Was lässt sich aus diesem Ost-West-Unterschied folgern: dass im Osten schon immer weniger auf individuelle Vorsorge gesetzt wurde als im Westen. Wer im Westen nicht rechtzeitig seinen Stoff einkauft(e), der hatte individuell die Konsequenzen zu tragen und zu leiden. Im Osten konnte und kann er zum Späti gehen... eine Institution öffentlicher Fürsorge.