Serienmörder vs. Amokläufer

Als im Fernsehen über Herrn Mohammed M., der in Toulouse und Montauban insgesamt sieben Personen umgebracht hat, berichtet wurde, sprachen alle Reporter und Kommentatoren von einem "Serienmörder".


Wenn jemand - wie vorige Woche in Afghanistan oder diese Woche in Südfrankreich - mehrere Leute umbringt, dann wird im öffentlichen Sprachgebrauch offenbar zwischen Amokläufern und Serienmördern unterschieden. Das Merkmal der Unterscheidung scheint mit der Frage verbunden zu sein, ob alle Toten (mehr oder weniger) zur selben Zeit und am selben Ort umgebracht werden oder nacheinander, d.h. an unterschiedlchen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten.


Es gibt noch einen anderen Unterschied im Sprachgebrauch, der die Bezeichnung "Serienmörder" für den "Franzosen nordafrikanischer Herkunft" m.E. ungewöhnlich erscheinen läßt.


Es geht dabei um die Motivation. Serienmörder tun dies üblicherweise aus sexuellen oder quasisexuellen - auf jeden Fall ziemlich klar neurotischen - Motiven, die ihre Wurzeln meist in der Kindheit haben. So sprechen Profiler (das snd Psychologen, die versuchen ein psychologisches Profil von Tätern zu erstellen) von der Serienmörder-Trias. Hinter diesem Begriff, der für ein Suchraster noch potentiellen Tätern steht, verbergen sich drei Verhaltensauffälligketen von Menschen in ihrer Kindheit und Jugend: Sie waren Bettnässer, haben Tiere gequält und waren Brandstifter...


Ich finde das sehr interessant.


Denn natürlich ist niemand, der als Kind länger als üblich ins Bett gepisst hat, Katzen Dosen an den Schwanz gebunden hat und sein Elternhaus angezündet hat, verpflichtet, nun auch noch seine Mitmenschen umzubringen. Aber offensichtlich ist ja in all diesen Aktionen ein spezifisches Beziehungsangebot an andere, seien es nun Tiere oder Menschen oder Dinge, impliziert.


Wenn man das zu Ende denkt, dann sind die Bezeichnung "Serienmörder" und der Faktor Zeit, d.h. das Nacheinander, das ja immer Planung und Entschluss vs. spontaes und unkontrolliertes Durchdrehen impliziert, auch für den jungen Mann aus Toulouse (und andere potentielle Mörder, die sich gern der Terrorszene zugerechnet sehen) angemessen...


Denn Herr M. aus Toulouse hat geplant. Er ist nicht einfach - unter Alkoholeinfluss und weil er häusliche Schwierigkeiten hatte - spontan und völlig überraschend ausgeflippt.


Obwohl: Wer hat keine häuslichen Schwierigkeien (außer mir, natürlich)...?