Rosso Piceno

In den letzten drei Tagen habe ich ein Seminar geleitet. An jedem der Abende war ich vollkommen alle... ausgelutscht und nicht in der Lage, irgendwelche intelligenten Texte zu produzieren. Das geht mir immer so...


Das ist bei einigen meiner Kollegen anders. Ich habe, zum Beispiel, einen mir lieben Kollegen, der ohne weiteres 48 Stunden hintereinander Leute aufstellt, bis zu den Knöcheln in Tränen steht, lebensrettende Interventionen vollzieht usw., und dann am Abend noch in der Lage ist, sich an den Computer zu setzen, um einen tiefschürfenden, die Welt in ihren Grundfesten erschütternden Artikel zu schreiben.


Wenn ich es mir genauer überlege, so bin ich umzingelt von solchen Leuten: pathologischen Energiebündeln.


Das hat tiefgreifende Auswirkungen auf mein Selbstwertgefühl. Ich bin nämlich nur noch in der Lage, an einem Abend wie heute, ein Flasche guten Rotweins auf zu machen und - was ich gleich tun werden - Fussball im Fernsehen anzuschauen.


Ich habe jetzt etwa eine Dreiviertel Flasche Rosso Piceno getrunken (zur Berunruhigung der Alkoholismusexperten: vorher wurde auch noch eine Flasche Weisswein gekillt - und zu ihrer Beruhigung: ich war nicht allein...).


Der Rosso Piceno ist - wie ich finde - ein sehr guter Rotwein. Er stammt aus einer Gegend Italiens, die kaum jemand kennt: den Marken. Die Hauptstadt ist Ascoli Piceno. Sie ist ein Geheimtipp. Deswegen schreibe ich hier auch nicht über sie. Dasselbe gilt für die Weine aus den Marken. Auch sie sind ein Geheimtipp und ich schreibe nicht über sie.


Aber Geheimtipps sind ja bekanntlich nicht geheim. Was zum Tipp wird, ist nie geheim. Also: Vergessen Sie alle Ascoli Piceno, die Marken und den Rosso Piceno...


Auf den anderen Seite: Der Ölpreis ist auf über 130 Dollar/Barrel gestiegen. Der Preis für den Rosso Piceno ist in den letzten zwei Monaten nicht gestiegen. Und im Blick auf den Energiegewinn halte ich den Wein für eine sinnvollere Ausgabe...


Morgen gehe ich, und kaufe ein paar Barrels Rosso Piceno.