Rizling

Heute Morgen hat es ein wenig länger gedauert, aus dem Bett zu kommen. Das lag am Jazz und am slowenischen Wein. Gestern hatte sich die Konferenz ein wenig gezogen. Im sogenannten „Business Meeting“ wurde verhandelt, wo man sich in den nächsten Jahren treffen möchte: Durban, Krakau, Casablanca, Petersburg. Das ist wohl doch eine Reisegruppe hier. Danach gab es kurzentschlossen ein familiäres Abendessen in einem der Weinlokale, für die Maribor so berühmt ist.


Wenn Riesling slowenisch spricht, nennt er sich Rizling. Und in der Regel hat er einen Vornamen, z.B. Renski oder Laski. Das ist anders, als man es gewohnt ist. In der Regel hat der Riesling keinen Vornamen. Manchmal heißt er Johannisberg Riesling, in Südafrika beispielsweise und manchmal auch in Kalifornien. Das ist dann aber kein Vorname, sondern eher ein Doppelnahme, der deklarieren soll, wo der Riesling eigentlich herkommt. Man kennt das mit den Doppelnamen als Herkunfts- oder Vergangenheitsindikator auch aus anderen Kontexten.


In Slowenien ist das anders. Hier steht der Vorname des Rizling für die Eigentümlichkeit der Region. Riesling aus Slowenien ist anders als anderer Riesling und er ist vor allem eines: slowenisch. Aus der Perspektive des systemischen Weinhändlers heißt das, Slowenien ist sehr schnell im neuen Europa angekommen. Die Besinnung auf das eigene Anders-Sein ist die dominierende Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre in der neuen Alten, sprich europäischen, Weinwelt. Es war dies vor allem eine Reaktion auf die Entwicklungen in der sogenannten Neuen Weinwelt (Kalifornien, Australien, Südafrika, Chile ...). In den 70er und 80er Jahren wurden in den neuen Weinländern mit dem vorzüglichsten Wissen und der modernsten Technologie der alten Welt neue Standards der Weinqualität geschaffen. Pino Noir, Cabernet Sauvignon und Chardonnay aus der neuen Welt wurden zum Maßstab für erstklassige Weine. Gemessen an diesen Maßstäben, fielen die Weine der alten Welt durch. Nicht alle, aber sehr viele. Die erste Reaktion darauf war es, nun wiederum die Weine der neuen Welt zu kopieren. Das gelang, aber die Ergebnisse waren mäßig. Nun hatte man Weine, die in der alten Welt gewachsen waren und schmeckten, als kämen sie aus der neuen Welt.


Die weitere Entwicklung in Europa brachte die Wiederentdeckung der ureigensten Eigentümlichkeit. Mittlerweile gibt es dafür ein eigenes Wort: Terroir. Terroir bezeichnet die Gesamtheit der Eigentümlichkeiten von Boden, Hanglage, Sonnenexposition, Mikroklima und Spontanvegetation (ehem. Unkraut), die für die unterschiedlichsten Regionen unterschiedlich und eigentümlich sind. Dazu kommt die mitunter jahrhundertealte Erfahrung, welche Reben dort am besten gedeihen. Das führte an vielen Orten zur Rekultivierung der alte Reben. Das Ergebnis ist ein Terroir-Wein, ein Wein, der nur da hat wachsen können, wo er wuchs, und das zeigt. Ein Wein, dessen Geschmack verrät, in welcher Weltecke er gewachsen ist: Riesling von der Mosel, Nero d’Avola aus Sizilien, Cannanao aus Sardinien, Trollinger aus Württemberg, Silvaner aus Rheinhessen und viele andere Europäer aus europäischen Regionen.


Slowenischer Wein ist sehr schnell im neuen Europa angekommen. Die Rizlinge sind hier ganz sie selbst und mit nichts zu verwechseln, was man kennt. Und sie sind köstlich, vor allem bei einer Jazz Jam Session am Ufer der Drava.