Rheinischer Kapitalismus

Es gibt ja verschiedene Spielarten des Kapitalismus: den anglo-amerikanischen, den chinesischen, ..., und den sogenannten "Rheinischen Kapitalismus". Es ist die u.a. deutsche Version. An dieser Stelle habe ich schon mehrfach darauf hingewiesen, dass m.E. ein großer Fehler der Fischer/Schröder-Regierung war, die Entflechtung der DAX-Unternehmen durch eine steuerfreie Veräußerung der gegenseitigen Beteiligungen zu ermöglichen. Es war der Versuch, die deutschen Unternehmen für den Weltfinanzmarkt attraktiv zu machen, was vorher nur begrenzt der Fall war. Da die Vorstände der großen deutschen Unternehmen gegenseitig Aufsichtsratsposten inne hatten und sich gegenseitig kontrollierten, konnte nicht allein der Unternehmensegoismus des einzelnen Unternehmens bzw. seiner Anteilseigner eine Rolle bei den Managemententscheidungen spielen, sondern es musste immer das gesamte Netzwerkt - sprich: die deutsche Wirtschaft - mitgedacht werden. Es gab deswegen auch nicht die radikale Shareholder-Value-Orientierung, die von den USA  (Chicago) ausgehend weltweit propagiert wurde, die Vorstandsgehälter waren niedriger, die Koordinationn von Wirtschaftspolitik und Unternehmenspolitik war enger usw. Heute bestimmen anglo-amerikanische Pensionsfonds bzw. deren Vertreter in den DAX-Aufsichtsräten, wie gewirtschaftet wird - und die folgen der Logik des anglo-amerikanischen Kapitalismus...


Dieses Prinzip, ganze Netzwerke als wirtschaftliche Überlebenseinheiten zu betrachten, ist auch heute noch das Erfolgsgeheimnis deutscher Unternehmer, vor allem der sogenannten "hidden Champions", d.h. der Weltmarktführer aus der deutschen Provinz, vor allem der vielen erfolgreichen Familienunternehmen.


In einem Interview in der Wirtschaftswoche legt einer der von mir am meisten geschätzten Wirtschaftshistoriker (es gibt mehrere, die ausgezeichnete Arbeit leisten, und ihre Werke zu lesen ist stets erhellend), Werner Abelshauser, dar, dass dieses Modell schon seit ca. 900 Jahren hier in der Gegend praktiziert wird und stets den Erfolg und Lebensstandard der Bevölkerung bestimmt hat. Lesenwert, wie auch seine Bücher, vor allem "Kulturkampf. Der deutsche Weg in die Neue Wirtschaft und die amerikanische Herausforderung", Kadmos Verlag, Berlin, 2003.


Quelle: Werner Abelshauser: Warum der deutsche Mittelstand seit 1000 Jahren erfolgreich ist


p.s.: Es ist nicht der Islam, der "unsere" kontinantaleuropäische Kultur bedroht, sonder das anglo-amerikanische Wirtschaftsmodell (meine Folgerung, nicht die von Herrn Abelshauser)