Retro-Regierung

Dass man aus Nostalgie den Käfer bei VW wieder - wenn auch leicht modernisiert - wieder gebaut hat, kann ich ja noch nachvollziehen. Schließlich war der Käfer ein Erfolgsmodell. Und die Hoffnung, an vergangene Erfolgsstorys anzuknüpfen, ist ja nicht ganz unberechtigt.


Ganz anders bei unserer neuen Regierung: Sie stellt ein Programm vor, dass ebenfalls von gestern ist. Nur hat es bislang noch nie in unserer Geschichte bewiesen, dass es ein Erfolgsmodell ist. Es folgt antiquierten Ideologien, die sich spätestens seit der Finanzkrise als blödsinnig erwiesen haben. Die vor allem ja von der FDP favorisierten Privatisierungsideen stammen aus der Mottenkiste der Chicago-Schule der Volkswirtschaft. Sie erinnern ein wenig an die Geschichten vom Klapperstorch, der die Kinder bringt. Eine tragfähige Zukunftsperspektive beinhalten diese Konzepte allesamt nicht. Eine Tendenz ist aber vorhersehbar: Die Unterschiede zwischen arm und reich werden noch größer.


Im Tagesspiegel hat Norbert Blüm, 16 Jahre lang Minister für Arbeit und Soziales im Kabinett Helmut Kohls, heute einen wunderbaren Artikel unter dem Titel "Schwarz-gelbe Geisterfahrer" publiziert, in dem er darlegt, dass mit der zunehmenden Privatisierung auch immer eine zunehmende Verstaatlichung verbunden ist. Denn wenn immer mehr Leute in die Armut abstürzen, dann muss der Staat immer mehr Transferleistungen erbringen usw.


Wann beginnen wir endlich, politische Einheiten - wie z.B. Städte, Gemeinden, Staaten, die EU usw. - (statt nur Unternehmen) als ökonomische Überlebenseinheiten zu betrachten, die primär das Interesse ihrer Bewohner (= Eigentümer) verfolgen und - nicht trotzdem, sondern deswegen - gut und professionell wirtschaften müssen, ohne dabei die Lebensqualität dieser Bürger zu beeinträchtigen?