Ressourcen-Orientierung

Eigentlich sehe ich mir nicht sehr häufig oder gern Boxkämpfe an. Das hat wohl mit den Spiegelneuronen zu tun, denn ich zucke immer zusammen, wenn einer der Beteiligten was auf die Birne bekommt.


Gestern bin ich beim spätabendlichen Zappen aber bei dem in Zürich vor vollem Haus stattfindenden Schwergewichts-Weltmeisterschaft Walujew gegen Hollyfield hängen geblieben. Der Grund war nicht so sehr die Ästhetik des Kampfes, sondern die Ungleichheit der beiden Kämpfer. Walujew schien mir etwa anderthalb Meter größer als sein kleiner schwarzer Gegner. Der tänzelte um ihn herum, wie ein kleines Hündchen um eine Litfaßsäule. Erstaunlich, denn Hollyfield ist 46 Jahre als, und als ich einzappte, befanden sich beide schon in der neunten Runde. Er tänzelte bis zum Ende der 12. Runde. Bewundernswert, wie der Kleine, dessen Reichweite um Meter geringer war als die des Großen, sich doch immer wieder zu dessen Kinn vorarbeitete. Eigentlich sollte er keine Chance haben, aber er hat sich wacker geschlagen, auch wenn er dann knapp nach Punkten verlor.


Aber ich schreibe hier nicht, um kleine alte Boxer zu loben, sondern um Walujew als ein Beispiel zu preisen, wie man vermeintliche Handicaps als Chancen nutzen kann. Da ist ein Mensch ein wenig aus den üblichen Dimensionen geraten, hat sicher Schwierigkeiten noch und nöcher, wenn er sich Hosen, Schuhe, was immer, kaufen will, und Autos kann er wahrscheinlich nur bei offenem Schiebedach fahren. Und statt das jetzt als Problem zu bewerten, wird die Qualität gesehen: Wer will gegen solch einen von der Natur begnadeten Menschen anboxen...