Reiche Russen

In einem der Fernsehklatsch-Magazine, die ich regelmäßig sehe, (oder waren es die Auslandskorrespondenten, die berichteten) gab es einen Beitrag über St. Moritz. Dort treffen sich ja bekanntlich die Reichen und Schönen... und das sind jetzt vor allem Russen.


Mit dem Sturz des real existierenden Sozialismus eröffnete sich in der früheren Sowjetunion die Chance für die Realisierung eines Wild-West-Kapitalismus. Deshalb gibt es dort jetzt so viel reiche Leute, wie sonst wahrscheinlich nirgends in der Welt. Das zeigt sich exemplarisch an der Belegung des Kempinski-Hotels in St. Moritz. Es ist zu 80% von Gästen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion belegt. Und das ist kein billiger Spaß: Für eine vierköpfige Familie kostet - nach Angaben des Hotel-Direktors - der einwöchige Aufenthalt im Hotel ca. 120 000 Euro ("ohne Shopping").


Warum ich das bemerkenswert finde, ist nicht etwa, dass ich den Schweizern die zahlungskräftige Kundschaft nicht gönnen würde oder den russischen Familien die Ferien in gediegener Umgebung neiden würde; es geht mir darum zu zeigen, dass die in der Übergangszeit zwischen den beiden Wirtschaftsformen waltende Form des Raubtier-Kapitalismus (der ja weit weniger reguliert war als unserer) zu unvorstellbaren Ungleichheiten geführt hat. Während der Durchschnittsrusse sich seinen Wodka selbst brennen muss, um sich das Hirn wegzusaufen, leben die Berliner Nobel-Boutiquen am Ku'damm von all den reichen Russinen, die sich Prada-Schühchen kaufen. Auch ihnen seien diese Schuhe gegönnt und den Läden die Umsätze. Was mich beschäftigt, ist, dass solche Unterschiede m.E. aller Wahrscheinlichkeit nach zu gesellschaftlichen Verwerfungen führen...


Wenn wir die ehemalige Sowjetunion als Labor betrachten, so zeigt sich die von Karl Marx schon prognostizierte Verstärkung der sozialen Unterschiede. Der Kapitalismus bundesdeutscher Bauart ist ja lange Zeit gut damit gefahren, für die Begrenzung dieser Unterschiede zu sorgen. Mit dem Siegeszug des Kapitalismus amerikanischer Art (Ende der Deutschland-AG) scheint mir das künftig nicht mehr so sicher...


Das wird das politische Thema der nächsten Jahre.


Übrigens, nicht vergessen: Revue für postheroisches Management (www.postheroisches-management.de)