Reich-Ranicki

Wer gestern Abend gesehen hat, wie Marcel Reich-Ranicki den Deutschen Fernsehpreis abgelehnt hat, hat wieder einmal Freude an alten Männern haben können. Zu sagen (sinngemäß) "Ich nehme den Preis nicht an, ich will hier nicht dazu gehören, was hier gezeigt wurde, ist alles Scheisse!", das kann man nur, wenn man eine gewisse Souveränität besitzt. Und die hat man als alter Mann natürlich eher als in der Jugend, weil man eh nicht mehr viel erreichen will. Und dafür erhält man eine standing ovation (wie soll im Showgeschäft auch anders geantwortet werden als mit den eigenen Mitteln?).


Hätte er, wie sich das eigentlich gehört, vorher gesagt, dass er den Preis nicht haben will, dann wäre das eine kurzen Notiz im Feuilleton wert gewesen. So aber waren alle Kameras auf ihn gerichtet, und man konnte den Eklat auch nicht tot schweigen. Was wieder einmal zeigt, dass man dazu gehören muss, wenn man gehört werden will. Nur interne Störungen können in sozialen Systemen etwas bewirken (obwohl ich bezweifle, dass Reich-Ranicki mit dieser Intervention wirklich die Qualität des Fernsehprogramms beeinflussen wird).