Regierungswechsel

Heute ist in Schleswig-Holstein ein neuer Ministerpräsident vereidigt worden (D. Günther). Und gestern Abend hat der scheidende Ministerpräsident, Torsten Albig, beim Berliner Empfang der Landesregierung anlässlich des Schleswig-Holstein Musikfestivals seine Abschiedsrede gehalten.


Es war eine gute Rede, gekennzeichnet durch eine deutlich hörbare Wehmut, die durch gekonnte Spritzer Selbstironie gedämpft wurde. Der Tenor der Rede war optimistisch und zukunftsorientiert, optimistisch sowohl für die Demokratie, deren Prinzip im Wechsel der Rolle derer, die Machtpositionen inne haben, besteht, als auch für die SPD, die irgendwann wieder ans Ruder kommen wird: Die Regierungszeit als Vorbereitungszeit auf den Abschied von der Macht. Langer Applaus, wenn es Vorhänge gegeben hätte, so hätte der Redner etliche zählen können...


Was mit bei der Rede deutlich wurde, ist ein - eigentlich nicht überraschendes - menschliches Element: Die Länderchefs entwickeln unabhängig von der Parteizugehörigkeit in der Zusammenarbeit persönliche Beziehungen und Bindungen: So berichtete Albig von etlichen z.T. handgeschriebenen, mitfühlenden Briefen seiner Ministerpräsidenten/-präsidentinnen-Kollegen, die er anlässlich seines Abschieds erhalten hat. Das klang alles ganz sympathisch: keine abgewichsten, machtgeilen Vertreter einer zynischen Elite.


Jetzt beginnt in SWH also eine Jamaika-Koalition ihre Arbeit. Ich bin gespannt, was aus dem vereinbarten/geplanten Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen wird.


In den Seitengesprächen beim Abendessen wurde u.A. diskutiert, dass wir mit unserem proportionalen Wahlsystem offenbar eine ziemlich intelligente Variante gewählt haben. Denn, anders als in den USA oder GB, sind Koalitionsbildungen ein wunderbares Mittel, aus der Alles-oder-nichts-Logik prinzipiengesteuerter Parteiprogrammatik aussteigen zu können, um pragmatisch sinnvolle Regierungsprogramme zustande zu bringen. Wahrscheinlich halten deshalb in Deutschland Regierungen auch - gemessen an anderen Ländern - relativ lange, weil extremistische Idiotien vermieden werden und die Intelligenz vermeintlich "fauler Kompromisse" zum Tragen kommen kann.