Rauchfreie Schule

Wenn am kommenden Montag die Schule im neuen Jahr angekommen ist, beginnt er wieder, der Kampf um die rauchfreien Schulen. Eltern und Lehrer kennen diesen Kampf, der sich nicht auf die Räume der Schule beschränkt. Noch immer scheint es für eine große Zahl von Kindern um die 13 Jahre der selbstbewusste Schritt Richtung Erwachsenwerden zu sein, das Rauchen.


Das baden-württembergische Kultusministerium startete zum Schuljahrbeginn im September 2005 die **Aktion „rauchfreie Schule“**. Bei dieser Gelegenheit berichtete die Medizinerin Martina Pötschke-Langer (am 4. Januar 2006 auch Interview in der ARD, Sendung Kontraste.)* vom Krebsforschungszentrum Heidelberg, der Zigarettenmarkt sei zum Kindermarkt geworden. Das durchschnittliche Einstiegsalter liege in Deutschland bei 13,6 Jahren. Es gibt inzwischen eine lange Liste von Schulen, die sich selbst für rauchfrei erklären konnten. Kriterium ist, dass in diesen Schulen weder Schüler, noch Lehrer, weder Angestellte noch Besucher der Schule rauchen. Derzeit rauchen 20 Prozent aller 16 bis 17Jährigen am Ende ihrer Schulpflicht. Selbst wenn in einer Schule keine Erwachsenen mehr rauchen, besteht das Problem bei den Jugendlichen.


Wie schaffen es die „rauchfreien Schulen“ wirklich rauchfrei zu sein? Was geschieht mit Jungen und Mädchen, die verbotenerweise trotzdem heimlich rauchen?


###Können Sie sich vorstellen...###


auf die ewigen Machtproben schlicht zu verzichten? Die Schulgesetze geben ja den Lehrern einige Machtmittel an die Hand, um deviante Schüler zur „Ordnung“ zu zwingen. Am Ende droht gar der Schulausschluss. Daher ist für viele Schulen mit der Durchsetzung der Beschlüsse zur rauchfreien Schule in den zuständigen Gremien (in 12 von 16 deutschen Bundesländern ist das die Schulkonferenz) die Sache erledigt. Dann werden die Regeln „exekutiert“. Doch das ist ein Holzweg. Wer „unbelehrbar“ ist, treibt es als Schülerin oder Schüler bis zum Schulausschluss. (Da wachsen die künftigen Kampfraucher heran, liebe Frau Taraba: Lieber Lungenkrebs riskieren als klein beigeben). Viel zu viele Energien der Erwachsenen wie der Jugendlichen werden auf diesem Nebenkriegsschauplatz vergeudet. Bei einigen Schulen verfällt man angesichts der faktischen Erfolglosigkeit ins Gegenteil und lässt alles schleifen. Doch das ist der Weg in den Sumpf der Handlungsunfähigkeit. Was also ist die Alternative? **Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, eine solche, dann lassen Sie uns anderen diese bitte unbedingt wissen.** Hier folgen ein paar Vorschläge:


###Die Wette gilt!###


Uwe Maahs, Kollege an meiner Schule, hatte vor Jahren, seinen neuen Fünftklässlern eine Wette anzubieten: *“Wenn ihr es alle schafft, dass bis zum Ende unserer gemeinsamen Zeit in Klasse 10 niemand raucht, dann bekommt ihr von mir xy (ich weiß nicht mehr was, ein Lohn der Mühe jedenfalls stand für die ganze Klasse in Aussicht).“* Er hatte Erfolg: Null Raucher zum Ende der Schulzeit. Wer es zwischendurch probiert haben sollte, wurde von seinen Kameraden auf den rechten Weg zurück gebracht. Das positive Ziel *„bei uns raucht keiner“* zog alle mit zum Erfolg.


###Wir haben einen Traum###


Warum sollte so etwas nicht einer ganzen Schule gelingen? Warum nicht alle Eltern bei der Anmeldung eine Erklärung zur Unterstützung der rauchfreien Schule unterschreiben lassen? Warum nicht jeden Erfolg untereinander verbreiten? Warum sollte ein Kollegium nicht erfolgreiche Neunichtraucher unter den älteren Schülern als Berater engagieren, die in der Peergroup als Tutoren wirken können? Vielleicht gar eine Raucher/Nichtrauchersprechstunde der Schülervertretung dafür einsetzen. Warum nicht schulöffentlich eine Liste aushängen, zu der sich alle Schülerinnen und Schüler anmelden können, die es geschafft haben und nun nicht mehr rückfällig werden wollen? Wer es nicht öffentlich machen will, lässt es, also kein Zwang zur Öffentlichkeit. Wöchentlich kann die Liste neu ausgedruckt und aktualisiert werden. Vielleicht gar mit der Rubrik: *“Diese Woche neu in unserem Nichtraucherclub: Gratulation!“*


Ich glaube, die Richtung ist klar: Statt sich in einer permanenten Verfolgung der Raucher zu verschleißen, Opfer der Schulordnung zu produzieren, den eigenen Burnout zu befördern, gilt es neue Möglichkeiten zu suchen und unautoritär, aber die freie Entscheidung fördernd pädagogisch zu handeln. Wie wäre es, wenn ein Kollegium, dazu der Elternbeirat, aber auch die Schülervertretung neben der Regel (Hausgesetz) das Ziel formulieren: *"Wir haben einen Traum - die wirklich rauchfreie Schule"*.


###Schulen nicht allein lassen###


Ich weiß, dass dieser Blog von vielen Fachleuten in unterschiedlichsten anspruchsvollen Tätigkeitsfeldern besucht wird. Viele sind als Mediziner, Psychologen, Soziologen und Lehrerkolleg(innen) auch Eltern. Nehmen Sie bitte im Dienste Ihrer Schule, wo man vielleicht von solchen Möglichkeiten noch nichts gehört und gelesen oder noch nicht den Schneid zu ihrer Realisierung gefunden hat, diese Ideen auf, spinnen Sie sie weiter, um sie auf Ihre konkrete Situation zu transponieren. Nehmen Sie Ihre Verantwortung als Eltern gegenüber der Schule wahr und lassen Sie sich nicht abspeisen. Auch wenn Sie mit Ihren eigenen Söhnen und Töchtern das Problem nicht haben. Die Gesundheit aller Kinder Ihrer Schule geht alle Menschen an, die mit dieser zu un haben.


Alles Gute dazu und herzliche Grüße

Horst Kasper


* Anmerkung: Dazu ist auch folgende Adresse interessant: [http://www.weltnichtrauchertag.de/html/kunstwirkt__poetschke-langer.html](http://www.weltnichtrauchertag.de/html/kunstwirkt__poetschke-langer.html). Hier finden Mediziner, Therapeuten und Berater (aber natürlich auch alle anderen interessierten Leserinnen und Leser) einen Vortrag zum Weltnichtrauchertag 2005.