Potlatch

Dass unangemessen kühle Raumtemperatur ein Statussymbol sein könnte, darauf wäre ich selbst nicht gekommen. Aber die entsprechenden Kommentare zu meiner Klage über den verschwenderischen Gebrauch amerikanischer Klimaanlagen, scheinen mir plausibel.


Dass Verschwendung und sozialer Status etwas miteinander zu tun haben, scheint mir auch offensichtlich. Ansonsten würde die Luxusgüter-Industrie nicht so gut florieren. Wer braucht schon ein Auto, das soviel kostet wie eine Villa - vor allem in Gegenden mit Geschwindigkeitsbegrenzung.


Das Ganze erinnert auch an den Potlatch, jenes von Marcel Mauss zum Mittelpunkt seiner Studie über "Die Gabe" gemachten Ritual nordwestamerikanischer Indianer. Dort mussten die Häuptlinge zu bestimmten Anlässen ein Fest veranstalten, bei dem sie ihre Gäste in einer Weise verwöhnten und beschenkten, dass sie dafür nahezu ihr ganzes Vermögen aufbrauchen mussten. Das sicherte ihren Status und ihr Ansehen, es sorgte aber auch - und das scheint mir ungemein elegant - für den Ausgleich von Vermögensunterschieden.


Eine genial paradoxe Regel: Das Zeigen des Reichtums sorgt für sein Verschwinden, das Demonstrieren der Ungleichheit als Mittel des Ausgleichs.


Diese Ausgleichskomponente ist es, glaube ich, die beim heutigen Luxuskonsum fehlt. Gerade bei den Klimaanlagen. Denn, wenn die einen es sich kühl machen, dann wird es bei den anderen wärmer...