Philosophie des Elektronikschrotts

Zugegeben: Ich bin weder ausgesprochener Technikfreak noch Technikfeind, d.h. ich kaufe mir weder die neuesten Spielzeuge noch verabscheue ich Innovation. Trotzdem: Seit ich mein erstes Handy gekauft habe, Ende der 90er Jahre, habe ich doch schon etliche Modelle verschlissen. Sie waren nicht kaputt, sie funktionierten einwandfrei, aber die iPhones etc., dieser Welt haben mich aufgrund ihrer erweiterten Nutzungsmöglichkeiten dazu veranlasst, alle paar Jahre neue Gerate zu kaufen. Dasselbe gilt für Laptops o.Ä.


Natürlich ist an solch einem Verhalten zu kritisieren, dass ich unheimlich viel Elektronikmüll produziert habe. Ich gestehe... - aber ich bereue nicht.


Denn - und das ist der Punkt, der mich aufgrund meiner Selbsterfahrung beschäftigt -, das alles hat auch etwas Gutes: Meine Einstellung zu Eigentum hat sich verändert. Und ich vermute, dass das anderen auch so geht. Computer, die schnell veralten, sollte man z.B. nicht kaufen, sondern leasen. Auto habe ich keines mehr, da ich mir bei Bedarf eines leihe oder Taxis bzw. den ÖPNV nutze usw. Man muss nicht sein Eigentümer sein, um einen Gegenstand oder Instrument oder Verkehrsmittel etc. zu nutzen....


Das scheint mir die erzieherischen Wirkung der rasanten technologischen Entwicklung zu sein.


Früher kaufte man als junger Erwachsener ein Bett, um darin seine Kinder zu zeugen, seine Midlife-Krise zu durchschlafen, seinen Lebensabend zu versabbern und schließlich sein Leben auszuhauchen. Dasselbe galt für Kücheneinrichtungen (tut es heute meist auch noch) - nein, nicht dass man dort sein Leben aushaucht, sondern dass man sich oft lebenslänglich daran bindet. Bei Häusern ist das immer noch eher die Regel. Davon leben Bausparkassen. Ich habe einen entfernten Verwandten, der mit 16 in das Haus gezogen ist, in dem er jetzt, mit 70, immer noch wohnt.


Doch dieses Modell ist im Schwinden begriffen, Sachwerte hin oder her. Denn die Sachen gewinnen ihren Wert aus ihrem Gebrauch. Nutzungsmöglichkeit statt Eigentum. Das wird das Programm der Zukunft sein. Das wird auch die Wirtschaft radikal verändern. Die Musikindustrie fängt damit an: Man kann Songs im Internet hören, ohne die CD oder Schellack-Platte sein eigen zu nennen. Man muss ja auch keinen Film kaufen, um ihn im Kino zu sehen. Wahrscheinlich würde solch ein Modell auch für Bücher Sinn machen. Man liest ein Buch auf auf seinem iPad und braucht es nicht schweinsledergebunden im Regal.


Jeremy Rifkin hat vor ein paar Jahren ein Buch mit dem Titel "Access" (auf Deutsch heißt es, glaube ich, auch so) geschrieben, in dem er dieses Modell bereits entwirft. Das Internet und seine Nutzer werden seine Prognosen vermutlich bestätigen.


Ein hübsches Beispiel, wie eine technische Entwicklung Lebensphilosophien beeinflussen und radikal verändern kann. Wir werden eine Transformation von der Eigentumsgesellschaft in eine Nutzergesellschaft erleben, wage ich zu prognostizieren.