Patriarchat in Isreal

Gestern Abend habe ich auf arte den israelischen Film "Get" gesehen. Es handelt sich dabei um die Darstellung eines fünf Jahre dauernden Scheidungsprozesses vor einem Rabinatsgericht, in dem eine Frau den Scheidungsbrief ihres Mannes erklagen will, den er ihr nicht freiwillig geben will.


Auf den - nebenbei bemerkt: ausgezeichneten - Film will ich hier nicht näher eingehen, sondern lediglich auf das dort gezeigte israelische Ehe- und Scheidungsrecht. Bislang habe ich Israel für einen modernen, westlichen Staat gehalten (ich war da noch nie, kenne ihn nur aus Erzählungen von Bekannten und dem Fernsehen bzw. Büchern). Das ist, nachdem ich den Film und die anschließende Dokumentation gesehen habe, nicht mehr der Fall. Denn der Staat hält sich aus den Fragen der Eheschließung und der Scheidung vollkommen heraus und überlässt dies der Religion bzw. ihren Institutionen und Rollenträgern. So werden in Israel alle Ehen von Vertretern der Religionsgemeinschaften geschlossen. Wer das nicht will, muss im Ausland heiraten (ca. 20% der Eheschließungen). So gilt denn ein 2000 Jahre altes patriarchalisches Eherecht: Der Mann "erwirbt" eine Frau, die dann sein Besitz ist. Und die kann sich nicht von ihm scheiden lassen, wenn er das nicht will. Auf die Einzelheiten, die ich mir nur zum Teil gemerkt habe, will ich hier gar nicht eingehen, denn die Tatsache des "Erwerbs" und "Besitzes" reicht m.E., um zu zeigen, wie problematisch solch eine Gesetzgebung und die mit ihr verbundene Praxis ist.


Nun fühlt sich sicher nur ein kleiner Teil der Bevölkerung an derartige orthodoxe Regeln gebunden, aber das die Orthodoxen einen wichtigen Part in der israelischen Politik spielen, sollte man die Hoffnung, dass im Nahen Osten in absehbarer Zeit eine Friedensregelung gefunden wird, sehr klein halten.


Es kann keinen modernen Staat geben, in dem nicht die Trennung von Religion und Staat streng eingehalten wird (religiöse Werte, die 2000 Jahre als sind, als Entscheidungprämisse für das Leben im 21. Jahrhundert zu verwenden, sind aus der Welt gefallen... - kein Wunder, dass so viele junge Israelis nach Berlin auswandern).