Paradies/Graz

Graz ist eine schöne Stadt, sagt man mir. Ein eigenes Urteil kann ich mir leider nicht wirklich erlauben, obwohl ich schon mehrmals da war, aber leider nie viel von der Stadt gesehen habe. Auch jetzt war das so...


Seminar und Vortrag, zu denen ich eingeladen war, fanden in einem Hotel statt. Es hieß - unglaublich, aber wahr: Hotel Paradies. Wie ich mir eigentlich gleich hätte denken können: das Paradies kann heute nur in einem Industriegebiet liegen. Man fährt eine Viertel Stunde vom Bahnhof durch irgendwelche Schräbergärten (was ja irgendwie zu Paradieserwartungen passt), um sich dann überraschenderweise auf einem großen Parkplatz zu finden. Er ist begrenzt von Palmen (!) - künstlichen Palmen, die aus der Verlängerung der Stützpfeiler einer großen Halle gebildet sind. In der Halle kann man Tennis spielen. Es gibt einen Durchgang zu dem angrenzenden Hotel, dem Paradies. Von diesem Ambiente abgesehen gibt es nichts besonderes über das Hotel zu berichten, außer ...., dass es Heimat des "Arnold-Schwarzenegger-Museums" ist. Bewundern kann man alte Foltermaschinen, an denen er trainiert hat, Gewichte, die heute noch glücklich wirken, weil er sie gestemmt hat, Fotos aus der Zeit, als er noch Muskeln hatte usw.


Was ich an Hotels in Industriegebieten schätze, ist, dass man ruhig schläft, weil nachts dort nicht gearbeitet wird und meist keine Autobahnen durch führen.


Warum ich das hier erzähle? Das alles sollte eigentlich nur den Rahmen abgeben, für das, was mich am meisten in Graz (um nicht zu sagen: bei diesem Österreich-Besuch) beeindruckt hat: das zwischen den künstlichen Palmen zu sehende Wahlplakat einer mir unbekannten Partei , auf dem zwei katholische Jungmänner (adrett, gewaschen, nett lächelnd, gerade vom Wochendbesuch der Oma im Heim nach Hause gekommen) verkünden "Wir säubern Graz!"


Ich weiss nicht: warum - aber mir ist Angst und bange geworden bei diesem Blick in die Zukunft Österreichs.